Die Soziologie hat sich als Disziplin u.a. aus den Fragen nach den Bedingungen und Störungen sozialer Ordnung entwickelt, wobei letztere in modernen Gesellschaften weder als naturwüchsig noch aus individuellen Interessensverfolgungen verstanden werden kann. Soziale Kontrolle kann daher als ein zentraler Grundbegriff der Soziologie aufgefasst werden, mit dem Probleme der sozialen Ordnung und der Integration, des abweichenden Verhaltens und des sozialen Wandels analysiert werden können. Auffällig ist dabei, dass die Soziologie in ihrer Entstehung Gewalt als temporäres oder vormodernes Phänomen betrachtet hat, das sich im Zuge der Entwicklung immer weiter verflüchtigen wird. Gewalt wurde nur als Randphänomen gedacht, als etwas außerhalb der Gesellschaft Stehendes, wodurch Gewalt und Moderne als Gegensätze erschienen. Dieser „Ausgrenzung“ von Gewalt steht aber auf der anderen Seite die Allgegenwart von Gewalt in modernen Gesellschaften gegenüber, die in Form von Jugendgewalt, Gewaltkriminalität, politischen Gewalttaten bis hin zu politiaschen Gewaltverhältnissen in autoritären Regimes und Genoziden reicht. Thema des Seminars sollen daher die Zusammenhänge sein, die sich aus soziologischen Auffassungen über soziale Kontrolle und sozialer Ordnung angesichts bestehender Gewaltverhältnisse ergeben. Dazu sollen einerseits klassische Theorien sozialer Kontrolle und sozialer Modernisierung hinsichtlich ihres Potentials zur Analyse von Gewalt diskutiert werden (z.B. Weber, Elias, Foucault, Horkheimer/Adorno, Bauman, Heitmeyer) und andererseits spezifische Problemfelder der sozialen Kontrolle von Gewalt in modernen Gesellschaften behandelt werden (Polizei, Justiz, Psychiatrie).
Diese Veranstaltung ist ein Grundkurs des Praxisschwerpunktes „Soziale Probleme und Problemintervention“ und wird - in verkürzter Form – in diesem Semester letztmalig angeboten.
Das Seminar richtet sich an Studierende im Master-Studiengang und an Diplomstudierende des PSP „Soziale Probleme und Problemintervention“. Grundlegende Kenntnisse der Soziologie abweichenden Verhaltens und der Soziologie sozialer Kontrolle sind wünschenswert.
Albrecht, G. Et al. (Hrsg.), 2001: Gewaltkriminalität zwischen Mythos und Realität. Frankfurt/M.
Bauman, Z., 2005: Moderne und Ambivalenz. Das Enmde der Eindeutigkeit, Hamburg.
Black,D., Hrsg., Toward a General Theory of Social Control, 2 Bde., Orlando.
Eisner, M., 1997: Das Ende der zivilisierten Stadt? Die Auswirkungen von Modernisierung und urbaner Krise auf Gewaltdelinquenz, Frankfurt/M. u.a.
Garland, D., 1990: Punishment and Modern Society, Oxford.
Garland, D., 2001: The Culture of Control. Crime and Social Order in Contemporary Society, Chicago.
Gibbs, Jack P., 1989: Control. Sociology's Central Notion, Urbana - Chicago.
Hahn, K., 1995: Soziale Kontrolle und Individualisierung. Zur Theorie moderner Ordnungsbildung, Opladen.
Heitmeyer, W./Anhut, R. (Hrsg.), 1999: Bedrohte Stadtgesellschaft. Soziale Desintegrationsprozesse und ethnisch-kulturelle Konfliktkonstellationen, Weinheim.
Horkheimer, M./Adorno, T., 1947: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Amsterdam.
Horwitz, A.V., 1990: The Logic of Social Control, New York-London.
Imbusch, P., 2005: Moderne und Gewalt. Zivilisationstheoretische Perspektiven auf das 20. Jahrhundert, Wiesbaden.
Janowitz, M., 1973: Wissenschaftshistorischer Überblick zur Entwicklung des Grundbegriffs "Soziale Kontrolle", Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Bd. 25, S. 499-514.
Miller, M./Söffner, H.-G. (Hrsg.), 1996: Modernität und Barbarei. Soziologische Zeitdiagnose am Ende des 20. Jahrhunderts, Frankfurt/M.
Reemtsma, J.P., 2008: Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg.
Von Trotha, T. (Hrsg.), 1997: Soziologie der Gewalt. Sonderheft 37 der KZfSS, Opladen.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.S.1 | scheinfähig | ||||
Soziologie | Nebenfach | 2.2.1 | HS | ||||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.2.1 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 1.2 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |
Aktive Teilnahme (MA):
Regelmäßige aktive Teilnahme an den Sitzungen, Lektüre der Seminartexte und ein aktiver Beitrag (Kurzreferat von 10 Minuten oder Abfassen eines Essays von ca. 5 Seiten zu einem Sitzungsthema, der vor der jeweiligen Seminarsitzung abzugeben ist.)
Einzelleistung (MA und Diplomstudiengang):
Referat (20-30 Minuten) plus schriftliche Ausarbeitung (ca. 10-15 Seiten) oder
mit dem Veranstalter thematisch abgesprochene Hausarbeit (ca.15-20 Seiten) oder
Abfassen von drei Essays á fünf Seiten zu drei Sitzungsthemen