Testingstudie Diskriminierung
Zweisemestrige Lehrforschung, Sommersemester 2020 - Wintersemester 2020/2021
Lernziel
Ziel der Veranstaltung ist das exemplarische Erlernen einer Forschungstechnik zum empirischen Nachweis von Diskriminierung.
Inhalt
Die quantitative Forschung setzt vier grundlegende Verfahren zum empirischen Nachweis von Diskriminierung ein:
1. Die Erhebung diskriminierender Einstellungen einer Eigenen-Gruppe gegenüber einer Anderen-Gruppe, zumeist Mehrheiten gegenüber Minderheiten. Beispiel: Befragung der Wohnbevölkerung zu Vorteilen gegenüber religiösen Minderheiten.
2. Die Erhebung von Diskriminierungserfahrungen auf seiten einer betroffenen Gruppe. Beispiel: Erhebung erlebter Diskriminierung bei Trägerïnnen religiös konnotierter Bekleidung.
3. Die Analyse quantitativer Ungleichheit zwischen sozialen Kategorien, bei der zwischen den statistischen Effekten legitimer und illegitimer Merkmale unterschieden und auf Diskriminierung geschlossen wird, wenn der Nachweis eines Effekts illegitimer Merkmale unter Kontrolle aller vorstellbaren legitimen Einflußfaktoren gelingt. Beispiel: Nachweis eines gender pay gap unter Kontrolle der formellen Qualifikation, des Erwerbsumfangs, der Berufserfahrung etc.
4. Der experimentelle Nachweis einer illegitimen Ungleichbehandlung unter Realbedingungen. Man spricht auch von Testing oder Realexperimenten. Sein Vorteil liegt im Ausschluß oder in einer strengen Kontrolle von Drittvariablen, weshalb er den Nachweis von Diskriminierung am zuverlässigsten erlaubt. Die Ergebnisse bilden unter Umständen gerichtsfeste Beweise. Beispiel: Das US Department of Housing and Urban Development prüft mit Paired-Testing-Studien den diskriminierungsfreien Zugang zum Wohnungsmarkt einschließlich Immobilienkrediten und hat in der Vergangenheit mehrfach hohe Strafen wegen Ungleichbehandlung nach Hautfarbe und sexueller Orientierung verhängt.
Alle Verfahren werden auf eine Vielzahl von Merkmalen angewandt, u.a. auf Geschlecht, Hautfarbe (race), Religion, Ethnizität, Migrationshintergrund, Staatsangehörigkeit, Name, sexuelle Orientierung, Ernährungsweise, Schichthintergrund, Behinderung, Arbeitslosigkeit, Alter, Aussehen, Gewicht.
In dieser Lehrforschung findet eine Testingstudie (Verfahren 4) statt. Das bedeutet: Sie führen als Gruppe ein vollständiges Realexperiment durch. Sie entwickeln zusammen mit dem Veranstalter das Design einer eigenen Testingstudie und erheben gemeinsam Daten, die einheitlich allen Teilnehmerïnnen zur Verfügung stehen. Sie prüfen mit statistischen Verfahren, ob Diskriminierung vorliegt.
Sie entscheiden dabei, welches Merkmal im Vordergrund stehen soll (Geschlecht, Religion etc.) und welche Ungleichheitsdimension beobachtet wird (Einkommen, Zugang zu Arbeits-, Ausbildungs-, Wohnungs- oder Dienstleistungsmärkten u.v.m.). Zu beachten sind allerdings forschungsethische und logistische Vorgaben, die zuvor ausführlich besprochen werden. Die Vorgehensweise wird grundlegend den Beispielen in der unten angeführten Literatur entsprechen.
Arbeitsweise
Wir werden nur eingeschränkt wie ein klassisches Seminar arbeiten und pragmatisch über Arbeitsformen entscheiden.
Vorläufige Ablaufplanung
Sommersemester 2020 (Plenum, Kleingruppen)
Vorlesungsfreie Zeit, Sommersemester 2020
Wintersemester 2020/2021 (einzelne Plenumssitzungen, Kolloquium)
Vorlesungsfreie Zeit, Wintersemester 2020/2021 (Individualarbeit)
Abgabe der Berichte bis 31.03.2021 (Papierfassung oder PDF per Email an den Veranstalter)
Ihre Leistungen
Die Mitwirkung in allen Phasen des Projektablaufs ist erforderlich. Besondere Bedeutung haben:
Voraussetzungen
Sie sollten grundlegende Kenntnisse der quantitativen empirischen Forschung in Trockenkursen erworben haben. Kenntnisse experimenteller Verfahren sind von Vorteil, können aber bedarfsspezifisch noch erworben werden. Ohne basale Statistikkenntnisse (Maße der zentralen Tendenz, Zusammenhangsmaße, Regression) ist die Teilnahme nicht sinnvoll. Sie müssen einen erheblichen Zeitaufwand bewältigen können, denn wir werden intensiv und extensiv arbeiten. Der Zeiteinsatz ist mit insgesamt 60 Stunden Präsenzzeit und 180 Stunden Selbststudium veranschlagt. Die Beherrschung eines Statistik-Softwarepakets wird vorausgesetzt. Für das Erlernen von Statistiksoftware außerhalb der Lehrforschung müssen Sie ggf. zusätzliche Zeitressourcen einplanen. Thematische Affinität ist keine Voraussetzung. Professionelles Interesse ist ausreichend.
Kommunikation
Bis auf weiteres trifft sich die Gruppe in einer DFN-Telefonkonferenz (Stand 24.04.2020). Dazu hat der Veranstalter Informationen per Email mitgeteilt. Nehmen Sie ggf. Kontakt mit dem Veranstalter auf.
Einführende Literatur
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M3_LF1 Lehrforschung in Soziologische Methoden | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: