Betrachtungen über Natur- und Wetterverhältnisse und ihre Folgen für den Menschen gehören zu den selbstverständlichen Themen der europäischen Historiographie, seit Herodot von Harlikanaß im 5. Jh. seine Historien niederschrieb. In dieser historiographischen Tradition stehen die meisten Chroniken, Landesbeschreibungen und Wettertagebücher des Spätmittelalters und der Frühneuzeit. In diesen Texten wurden besondere Klimaereignisse als "Merkwürdigkeiten" notiert und im Rahmen der Eschatologie und Theodizee interpretiert. Infolge der Aristoteles-Rezeption im Spätmittelalter traten verstärkt auch naturkundliche Neugierde sowie politische und wirtschaftliche Interessen hinzu, die auf Nutzbarmachung der Natur zielten. - Die neue historische Klimatologie, die seit der UN-Konferenz von Rio 1992 erheblich an Bedeutung gewonnen hat, macht sich diese Aufzeichnungen und sogenannte Proxydaten zu nutze, um historische Klimadatenbanken aufzubauen, die z.T. bis in das Jahr 1000 zurückreichen. In dem Seminar sollen Methoden, Ansätze und Ergebnisse dieser jungen historischen Zweigwissenschaft erörtert und klimageschichtliche Überblicke vorgestellt werden. Der Stellenwert des Klimafaktors in historischen Standardwerken, etwa in dem dreibändigen Werk Fernand Braudels über die Welt des Mittelmeers im 16. und 17. Jh., ist ein weiterer Aspekt des Seminars. Darüber hinaus wird die Bedeutung klimatologischer Argumente in speziellen Untersuchungen etwa über Hexenverfolgungen, Versorgungs- und Teuerungskrisen und Agrarentwicklung angesprochen.
In der dem Seminar zugeordneten Übung sollen verschiedene Quellentypen vorgestellt und anhand von Quellenauszügen deren Interpretation und Analyse eingeübt werden.
Literatur in Auswahl: Werner Abelshauser (Hrsg.), Umweltgeschichte, Göttingen 1994; Wolfgang Behringer, Klimageschichte, Müchen 2008; Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001; Glaser, Rüdiger, Artikel: Klima, in: Enzyklopädie der Neuteit, Bd. 6, 2007, Sp. 786-808; Dieter Groh/ Michael Kempe/ Franz Mauelshagen (Hrsg.), Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Tübingen 2003; Christian Pfister, Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen, Bern/ Stuttgart/ Wien 1999; Joachim Radkau, Mensch und Natur in der Geschichte, Leipzig 2002; Werner Rösener, Artikel: Klima, Landschaft, Umwelt in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, München/ Zürich 1986, Sp. 869-893; Verena Winiwarter/ Martin Kroll, Umweltgeschichte. Eine Einführung, Köln/ Weimar 2007.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | 3.1.6 | Wahlpflicht | 4. 5. 6. | 8 | scheinfähig |
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | 3.1.6 | Wahlpflicht | 3. 4. | 8 | scheinfähig |