221025 Die historische Biographie - zwischen Wissenschaft und Kunst (GK II+GS 2) (WiSe 2001/2002)

Der große französische Historiker Marc Bloch schreibt in seiner "Apologie der Geschichte": "Der gute Historiker gleicht dem Menschenfresser der Legende. Wo er menschliches Fleisch wittert, weiß er seine Beute nicht weit."Von daher müßte man eigentlich erwarten, daß die Biographie die Krö-nung der Geschichtsschreibung sei; denn da gewinnen hi-storische Gestalten am meisten Fleisch und Blut. In Wirklich-keit ist die Biographik jedoch, sobald sie mehr sein will als eine historische Hilfswissenschaft, für viele Historiker ein eher anrüchiges Genre, das an der Grenze zur Belletristik steht. In den 1920 Jahren kämpfte die Historikerzunft gegen Emil Ludwig, der die historische Biographik zu einer literari-schen Großindustrie machte. Dennoch ist das Interesse an der Geschichte bis heute wesentlich ein Interesse an der Vielfalt des Menschlichen, und immer noch besteht ein Er-folgsgeheimnis des Historikers in seiner Fähigkeit, histori-sche Gestalten auf farbige und packende Art zu schildern.
Aber wie macht man das; läßt sich das lernen? In den Einführungen in die Methodik der Geschichtswissenschaft findet man fast nichts darüber. Kann man das Interesse am Bio-graphischen sogar theoretisch rechtfertigen? Und ist es legi-tim, dabei eigene Lebenserfahrungen einzubringen und sich versuchsweise mit Gestalten der Geschichte zu identifizie-ren? Lernt man etwa dabei, in sein eigenes Leben Entwick-lungslinien und bedeutungsvolle Zusammenhänge hineinzu-bringen? All diese Fragen soll diese Veranstaltung begleiten

Literaturangaben

Ein Reader kann ab September 2001 gegen Gebühr bei Frau Schwigon, Raum S 4-111 abgeholt werden.