Über einen langen Zeitraum hinweg wurde der ‚Kalte Krieg‘ in der Geschichtswissenschaft von der traditionellen politischen, militärischen sowie diplomatischen Geschichtsschreibung dominiert. Der cultural turn innerhalb der Geschichtswissenschaft hat dazu beigetragen, dass nunmehr der Fokus auf der Untersuchung von Erfahrungen, Erinnerungen sowie dem alltäglichen Leben sozialer Gruppen, Generationen, Subkulturen und lokalen Gemeinschaften liegt. Die neueste Forschung strebt danach, sich von einer eurozentrischen Perspektive und der Wahrnehmung des Kalten Kriegs als Opposition zwischen Amerikanisierung und Sowjetisierung zu entfernen. Auch das Konzept des ‚eisernen Vorhangs‘ hat eine radikale Neubewertung erfahren: von einer trennenden Barriere zwischen den Welten des Kapitalismus und Sozialismus bis hin zur kommunikativen Grenze, die beide konkurrierenden Systeme an sich gebunden hat.
In unserem Seminar werden wir die Akteure und ihre Mobilität, Räume, Netzwerke, Medien und Kommunikation, Alltags- und Grenzerfahrungen des Kalten Krieges erkunden. Das Seminar strebt eine Analyse vor allem realer Erfahrungen im Bereich der wissenschaftlichen Kooperation, Arbeit, Freizeit, Musik, Literatur und des Kinos und privater Kontakte an, d.h. es befasst sich mit alltäglichen Kontaktzonen, Interaktionen, Zirkulation von Wissen, Objekten und Ideen der Individuen zwischen der ‚ersten‘, ‚zweiten‘ und ‚dritten Welt‘ aus der Perspektive der entangled history.
Parallel werden in Seminar und Übung die neuesten historiografischen und methodologischen Zugänge zur Konsum-, Geschlechter-, Medien- und Emotionsgeschichte besprochen und in der forschungsorientierten Quellenarbeit eingeübt.
Als Ergebnis wird eine selbständige Forschungsarbeit in Form einer Hausarbeit erwartet. Die Publikation ausgewählter Arbeiten wird angestrebt.
Mehrere Sitzungen werden in Kooperation mit Gastprofessor*innen der Higher School of Economics St. Petersburg und Pädagogischen Staatsuniversität Jaroslawl‘ durchgeführt und finden auf Englisch statt.
Die Bereitschaft, englische Texte zu lesen, ist eine wichtige Teilnahmevoraussetzung.
Es wird nachdrücklich empfohlen, beide Veranstaltungen - 220110 und 220111- zusammen als ein Modul „Moderne“ zu belegen.
K.H. Jarausch, C. Ostermann, A. Etges (eds.), The Cold War: Historiography, Memory, Representation (Berlin, 2017).
A. Schildt, D. Siegfried (eds.), Between Marx and Coca-Cola: Youth Cultures in Changing European Societies, 1960–1980 (New York, 2006).
A. Yurchak, Everything Was Forever, Until It Was No More. The Last Soviet Generation (Princeton, 2005).
D. J. Raleigh, Soviet Baby Boomers. An Oral History of Russia’s Cold War Generation (Oxford, 2012).
P. Betts, K. Pence (eds.): Socialist Modern: East German Everyday Culture and Politics (Ann Arbor, 2008).
D. Crowley, S.E. Reid (eds.), Pleasures in Socialism. Leisure and Luxury in the Eastern Bloc (Evanston, 2010).
C.M. Giustino, C.J. Plum, A. Vari (eds.), Socialist Escapes: Breaking Away from Ideology and Everyday Routine in Eastern Europe, 1945–1989 (New York, 2013).
K. Brown, Plutopia: Nuclear Families, Atomic Cities, and the Great Soviet and American Plutonuim Disasters (Oxford, 2013).
S. Mikkonen, G. Scott-Smith, J. Parkkinen (eds.), Entangled East and West: Cultural Diplomacy and Artistic Interaction during the Cold War (Oldenbourg, 2018).
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-3.2 Hauptmodul Moderne
3.2.1 |
Historische Orientierung | Studieninformation | |
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.2.1 |
Historische Orientierung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: