Während öffentliche Verwaltungen als „Arbeitsorganisationen“ begriffen werden können, lassen sich politische Parteien als „Interessenorganisationen“ charakterisieren (Schimank). Gleichzeitig stellen beide Typen politische Organisationen dar, d.h. es handelt sich um Organisationen, die sich darin ähneln, dass sie sich im Kontext des politischen Systems der Gesellschaft ausdifferenzieren (Luhmann). Darüber hinaus verfügen Parteien in der Regel über eigene Bürokratien und Verwaltungen über mikropolitische, widerstreitende parteiliche Koalitionen.
DASS Verwaltungen und Parteien sich unterscheiden, erscheint offensichtlich und wird als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. WIE sie sich unterscheiden, ist jedoch eine soziologische Frage, die eher ungeklärt erscheint – vor allem wenn man wie einleitend skizziert berücksichtigt, dass beide als politisch gelten und sich womöglich gegenseitig enthalten. Zentrales Ziel des Seminars ist daher ein systematischer Vergleich der beiden Organisationstypen, deren jeweilige Typik gewissermaßen herauszuarbeiten ist. (In der Organisationssoziologie besteht keineswegs Einigkeit darüber, ob und inwiefern man überhaupt von Typen der Organisation sprechen kann. Dennoch sind kategorisierende Begriffe wie „Verwaltung“ und „Partei“ Konvention.)
Der Vergleich soll dabei entlang ausgewählter organisationssoziologischer Denkfiguren erfolgen sowie in loser Anlehnung an das Entscheidungsprämissenkonzept zur Analyse von Organisationsstrukturen, das seine Wurzeln in der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie (Simon) und in der systemtheoretischen Organisationstheorie (Luhmann) hat. Denkfiguren sind u.a. Mitgliederdifferenzierung und Motivation, Programmierung, Kommunikationswege, Organisationskultur und Organisationsdilemmata. Schwerpunktthemen sind folglich einschränkende Bedingungen für Prozesse des Organisierens.
Insbesondere die soziologische Kontrastierung beider Organisationstypen soll fruchtbar gemacht werden, um ihre jeweiligen Besonderheiten zu erschließen. Die Teilnehmenden sollen dadurch in die Lage versetzt werden, eigenständig Organisationsanalysen zu konzipieren und vorzunehmen. Das Seminar soll daher auch als Möglichkeitsraum fungieren, um konzeptionelle Ideen für Haus- und Abschlussarbeiten zu thematisieren und konstruktiv zu beraten.
Das Seminar ist als Lektürekurs angelegt. Abhängig von den Interessenschwerpunkten der Studierenden sollen selbst moderierte Arbeitsgruppen und Postersessions zum Einsatz kommen.
Vorbereitung der verabredeten Lektüre zu jeder Sitzung, Mut zur „soziologischen Fantasie“, Aufgeschlossenheit für die Argumente anderer, Besuch einer organisationssoziologischen Einführungsveranstaltung (in vorangegangenen Semestern).
zum Einstieg:
Tacke, Veronika. 2009. Organisationssoziologie. In: Spezielle Soziologien. Ein Handbuch, hg. v. Georg Kneer und Markus Schroer, 341-359. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
grundlegend:
Luhmann, Niklas. 1964. Funktionen und Folgen formaler Organisation. Berlin: Duncker & Humblot (Auszüge).
Luhmann, Niklas. 1988. Organisation. In: Mikropolitik, hg. v. Willi Küpper und Günther Ortmann, 165-185. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Luhmann, Niklas. 2000. Organisation und Entscheidung. Opladen: Westdeutscher Verlag (Auszüge).
Verwaltungen (Auswahl):
Bora, Alfons. 2001. Öffentliche Verwaltungen zwischen Recht und Politik. Zur Multireferentialität der Programmierung organisatorischer Kommunikationen. In: Organisation und gesellschaftliche Differenzierung, hg. v. Veronika Tacke, 170-191. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Derlien, Hans-Ulrich. 1984. Verwaltungssoziologie. In Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Bd. 1, hg. v. Albert von Muntius, 793-869. Neuwied: Luchterhand.
Koch, Rainer. 1993. Entscheidungsstile und Entscheidungsverhalten von Führungskräften öffentlicher Verwaltungen. Verwaltung und Fortbildung 21, Nr. 4: 179-197.
Parteien (Auswahl):
Luhmann, Niklas. 1977. Probleme eines Parteiprogramms. In: Freiheit und Sachzwang, hg. v. Horst Baier, 167-181. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Obler, Jeffrey. 1974. Intraparty democracy and the selection of parliamentary candidates: The Belgian case. British Journal of Political Science 4, Nr. 2: 163-185.
Wiesenthal, Helmut. 1992. Das Trilemma strategisch ambitionierter Mitgliederverbände. Unveröffentlichtes Manuskript.
Wiesendahl, Elmar. 1998. Parteien in Perspektive. Theoretische Ansichten der Organisationswirklichkeit politischer Parteien. Opladen: Westdeutscher Verlag
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.S.2 | |||||
Politische Kommunikation / Master | (Einschreibung bis SoSe 2013) | 3.1 | 3 | (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich) | |||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.2.3 (DPO02) | Wahl | HS | |||
Soziologie / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 2.2 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |
grundsätzlich: Regelmäßige und aktive Teilnahme.
für eine benotete Einzelleistung: Verfassen einer problemorientierten Hausarbeit auf der Grundlage eines selbst verfassten Exposés (ca. 1 DIN-A4-Seite) und eines obligatorischen Beratungsgesprächs während der Vorlesungszeit.