230132 Oskar Roehler - Erfahren, schreiben, zeigen: Herkunft/Quellen des Lebens (S) (SoSe 2014)

Inhalt, Kommentar

Die Autobiografie erfreut sich auf dem Buchmarkt einer erstaunlichen Beliebtheit. Während rezente Veröffentlichungen zum Thema Autobiografie vielfach feststellen, dass die wissenschaftliche Literatur zum Thema kaum noch zu überblicken ist, blüht die Gattung selbst wie kaum zuvor. Dabei dürften, neben Autobiografien von Prominenten und anderen Figuren aus dem öffentlichen Leben, Lebensgeschichten von ‚ganz normalen‘ Menschen den größten Teil des Zuwachses ausmachen. Nach dem ‚Ende der Geschichte‘ und der ‚großen Erzählungen‘ scheint der Zugang zur Geschichte, allen Dekonstruktionen individueller Authentizität zum Trotz, vor allem über individuelle Erfahrung zu funktionieren. Ein Grund dafür ist sicherlich die Konjunktur des Erinnerungsdiskurses nach 1989. Gleichzeitig führen Veränderungen im öffentlichen und medialen Leben sowohl zu einer „Subjektivierung des Geschichtsdiskurses“, als auch zu einer verstärkten Rezeption weg vom rein Fiktionalen zum Bio- und Autobiografischen. Damit ist eine Bewegung zu verzeichnen zu dem, was Norbert Frei die „gefühlte Geschichte“ genannt hat: eine „Wiederbelebung [der] Vergangenheit im Modus des emotionalen Nacherlebens“ und eine Suche nach ‚authentischen‘ Restbeständen.
In diesem Zwischenbereich, den man auch als Autofiktion bezeichnet hat, ist der große Roman von Oskar Roehler angesiedelt: Herkunft. Das Buch erzählt die Geschichte dreier Generationen von der Nachkriegszeit bis in die siebziger Jahre hinein. Es handelt also zwangsläufig von der alten Bundesrepublik. Zugleich ist es aber auch ein Roman der Traumatisierungen, welche dem Protagonisten widerfahren – und die resultieren nicht zuletzt aus dem unbedingten Freiheits- und Selbstverwirklichungswillen der 68er Generation, deren (kindliches) Opfer Roehler geworden ist. Anders als im Urtext des deutschen Familienromans, Thomas Manns Die Buddenbrooks, werden hier nicht komplexe Theoreme verhandelt, wie etwa die Philosophie Schopenhauers, sondern der Diskurs der Zeitschichtungen selbst wird imitiert. Anders auch als im weithin unterschätzten Zeitroman von Hanns-Josef Ortheil, Schwerenöter, vertraut die Narration bei Roehler nicht mehr auf den magischen Zusammenhalt aller Dinge und geht damit, wie Foucault sagen würde, zurück vor das Zeitalter der Repräsentation, in die Renaissancewelt der sympathia universalis. Eigenes Erleben springt hier nicht unmittelbar über auf die Geschichte der Allgemeinheit. Selbst in der Verkennung der Erscheinungen, in der Missdeutung verschiedener Ereignisse transportiert der Roman des Schwerenöters die Versatzstücke der Zeitgeschichte. Bei Roehler ist das nicht der Fall. Er insistiert allein auf der persönlichen Leiderfahrung – und maßt sich darin an, die Grundbefindlichkeiten der Zeit doch deutlich zu evozieren.
Wir werden – neben Roehlers Roman selbst und dessen Verfilmung – weitere Filme des Regisseurs mit autobiografischen Bezügen behandeln (Agnes und seine Brüder, Die Unberührbare) und den Vergleich auch zu signifikanten Autofiktionen mit den Ambitionen eines Zeitromans in den Blick nehmen.

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Veranstaltung 2 Studienleistung
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Germanistik / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2014) BaGerP2G    

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Freitag, 11. Dezember 2015 
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Letzte Änderung Räume:
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S / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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