Viele Darstellungen des Horrorgenres drehen sich um Jugend und Erziehungsverhältnisse. Wie Seeßlen und Jung erarbeitet haben, ist fehlgegangene Erziehung zentraler Antrieb des Genres. Pädagogische Institutionen wie dysfunktionale Familien und gefährliche Schulen sind Hauptschauplätze. Während in anderen kulturindustriellen Sparten Jugend nicht selten idealisiert wird, werden hier die beunruhigenden und unheimlichen Seiten der Adoleszenz thematisiert: Viele Horrorgeschichten werden bevölkert von besessenen Prä-Adoleszenten und Jugendlichen, die mit dem Eintritt in die Pubertät mit plötzlichen körperlichen und seelischen Veränderungen zu kämpfen haben, die in der Regel mit dem erstarkenden Interesse an Sexualität und der geschlechtlichen Entwicklung koinzidieren: Sie verwandeln sich in Werwölfe oder Vampire, stellen fest, dass sie telekinetische Fähigkeiten oder monströse körperliche Attribute entwickeln. Besonders prominent ist hier das Einsetzen der Menstruation, das einen wichtigen Stellenwert in der Entwicklung von Mädchen einnimmt. Beispielsweise thematisiert Stephen Kings Roman Carrie die beängstigende und aggressive Seite der Menstruation im Hinblick auf weibliche Autonomiebestrebungen im Konflikt mit einer repressiven, christlichen Erziehung durch übersinnliche Metaphorik. Demgegenüber stellt 26 Jahre später der Werwolf-Film Ginger Snaps eine liberale Sexualpädagogik als Zugang dar, der das abjekthafte Moment der Menstruation verfehlt.
Während die Pädagogik oft mit „Zensurbegehren und Apologie“ (Dath 2005, S.80) Horror einseitig auf Fragen der Wirkung reduziert, stellen wir in diesem Seminar die umgekehrte Frage: Was drücken diese Darstellungen über ihr Zielpublikum aus? Was lässt sich aus den Horrorgeschichten über Teenagerängste und –wünsche sowie über Pubertät und Geschlecht in Beziehung zur Pädagogik lernen? Dabei werden Konflikte zwischen misogynen und emanzipatorischen Tendenzen des Genres ebenso zu diskutieren sein wie mögliche Crossgender-Identifikationen des Publikums.
Englischkenntnisse. Der Roman "Carrie" von Stephen King sollte im Vorfeld bereits gelesen sein. Das Mindestalter für die Teilnahme liegt bei 18 Jahren.
Adorno, Theodor W.: Zum Problem der Familie. In: Vermischte Schriften I. Gesammelte Schriften 20.1. Berlin 2003.
Clover, Carol J.: Men, Women, and Chain Saws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1993.
Creed, Barbara: Woman as Witch: Carrie. In: Dies: The Monstrous Feminine. Film, Feminism, Psychoanalysis. Routledge Chapman & Hall 1993.
Flaake, Karin: Die erste Menstruation: In: Dies.: Körper, Sexualität und Geschlecht. Studien zur Adoleszenz junger Frauen. Gießen 2001.
Erdheim, Mario: Adoleszenz zwischen Familie und Kultur. In: Psychoanalyse und Unbewußtheit in der Kultur. Frankfurt am Main 1988.
Freud, Sigmund: Das Unheimliche. In: Studienausgabe. Frankfurt am Main 2000.
King, Stephen: Carrie. New York 1974.
Köhne, Julia: Let it bleed. Der Konnex von Blut und Trauma in Brian de Palmas Carrie. In: Stiegler/ Biedermann (Hg.): Horror und Ästhetik. UVK 2008.
Kristeva, Julia: Powers of Horror. An essay on Abjection. New York 1982.
LeFanu, Sheridan: Carmilla.1872 http://www.gutenberg.org/ebooks/10007
Moldenhauer, Benjamin/ Spehr, Christoph/ Windszus, Jörg: On Rules and Monsters. Essays zu Horror, Film und Gesellschaft. Argument 2008
Seeßlen, Georg/ Jung, Fernand: Horror: Geschichte und Mythologie des Horrorfilms. Schüren 2006
Filme
De Palma, Brian: Carrie.
Fawcett, John: Ginger Snaps.
Friedkin, William: The Exorcist.
Kusama, Karyn: Jennifer’s Body.
Lichtenstein, Mitchell: Teeth.
Peirce, Kimberly: Carrie.
Whedon, Joss: Buffy The Vampire Slayer.
Whedon, Joss: Cabin in the Woods.
Weitere Film- und Literaturangeben erfolgen im Seminar.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-BE11 Abschlussmodul | E1: Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BE7 Personen- und gruppenbezogene Differenzkonstruktionen | E1: Theorie und Empirie personen- und gruppenbezogener Differenzkonstruktionen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BiWi12 Differenz und Heterogenität (Grundschule) | E1: Heterogene und differenzbedingte Lebenswelten | Studienleistung
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Studieninformation |
- | unbenotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
25-BiWi6 Differenz und Heterogenität | E1: Heterogene und differenzbedingte Lebenswelten | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BiWi6_a Differenz und Heterogenität | E1: Heterogene und differenzbedingte Lebenswelten | Studienleistung
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Studieninformation |
25-UFP-P4 Individuelle Profilbildung: Differenz, Heterogenität und Inklusion | E2: Personen- und gruppenbezogene Differenzkonstruktionen | Studienleistung
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Studieninformation |
30-MGS-3 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschlechterforschung in der Lehre |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: