Gustav Mahler stellt für den Orchestermusiker immer eine besondere Herausforderung dar, da sein Orchestersatz so angelegt ist, daß jedes eingesetzte Instrument auch wirklich zu hören ist. Wo Schumann, Brahms und erst recht Dvorak massige Überlagerungen der Stimmen vornehmen, arbeitet Mahler selektiv, so daß man sein riesenhaftes Orchester nicht ganz unrichtig eine Versammlung von lauter Solisten nennen könnte. Mahlers Musik ist Kammermusik, wieviele Instrumente auch immer an ihr mitwirken, und genau darin liegt auch ihr orchesterpädagogischer Reiz: sich mit dem Anspruch konfrontieren zu lassen, daß jeder Musiker auf sich selbst gestellt und zugleich kommunikativ auf den anderen verwiesen zu sein.
Das Lied von der Erde ist ebensowohl als Sinfonie unter Mitwirkung von Gesangssolisten wie als Liederzyklus für Orchester zu verstehen und gehört Mahlers letzter Schaffensperiode an. Ihre sechs Sätze spiegeln, wo sie ernst sind, entsagungsvolle Trauer und, wo sie heiter sind, grundlose Lustigkeit. Alles Vergnügen ist Wahnwitz, ein fundamentum in res hat nur die Verzweiflung. Textgrundlage sind von Mahler selbst redigierte Texte aus dem zeitgenössischen Gedichtbändchen Die chinesische Flöte, in dem Hans Bethge Übersetzungen chinesischer Lyrik aus der Tang-Zeit (8. Jahrhundert) vorstellte. Wie schon bei seinen Wunderhorn-Liedern zeigt Mahler Lyrikauswahl also auch hier eine deutliche Bevorzugung von Texten, die, im Unterschied zu der spätromantischen Dichtung im deutschen Sprachraum, dem Ausdruck subjektiver Innerlichkeit wenig Raum gewähren.
Ergänzt wird das Programm des Wintersemesters durch eine Reihe von Liedern Michael Hoyers, die sowohl dem kompositorischen Verfahren als auch ihrer geistigen Befindlichkeit nach eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen Mahlers nicht verleugnen. Signifikant dafür ist bereits der Rückgriff auf das lyrische Schaffen Georg Trakls, in dem der Vergang als gleichzeitige Quelle von Verzweiflung und Erbauung das zentrale Motiv bildet. Hoyers Orchesterbehandlung ist filigran, sein Satz transparent bis zur Askese, oft ist er auf die Korrespondenz zweier Stimmverläufe reduziert. Ausgangspunkt der kompositorischen Erfindung ist bei Hoyer stets das gesangliche Melos, das, trotz atonaler Schreibweise, einen kantablen Zusammenhang herzustellen versucht.
Gustav Mahler: Das Lied von der Erde
Michael Hoyer: Orchesterlieder nach Worten von Georg Trakl
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