"Mit uns zieht die neue Zeit", heißt es in einem Lied der Jugendbewegung. Gerade in Deutschland wurde es seit dem "Sturm und Drang" des späten 18. Jahrhunderts zu einer immer neu propagierten fixen Idee, daß neue Ideen und Lebensformen als Trägerschicht eine neue junge Generation bräuchten. Von der Zeit des jungen Goethe bis in die 1968er Zeit (und bis heute ?) gibt es eine Tradition der pathetisch-anklagenden Auflehnung der jungen Generation gegen die jeweils ältere, was nicht selten bedeutet: gegen die Rebellen von gestern. Dabei versteht es sich durchaus nicht von selbst, daß die Jugend ein Reich für sich und eine schöne neue Welt ist. Es handelt sich vielmehr um eine historisch relativ junge, in manchem typisch deutsche Tradition, die nicht frei von Illusionen ist. Man kann durchaus die Gegenthese verfechten, daß gerade die Jugend besonders leicht auf Klischees hereinfällt und diese oft erst mit wachsender Lebenserfahrung überwunden werden.
Seinen bisherigen Höhepunkt erreichte der Jugendkult in den Jahrzehnten um 1900 in der Zeit der Jugendbewegung und des Jugendstils. Gerade im deutschen Kulturraum entwickelte sich damals ein ganzes Netzwerk diverser Lebensreformbewegungen, vom Wandervogel bis hin zur Nacktkultur und zur Naturheilbewegung. Insgesamt bieten diese ein außerordentlich reizvolles Spektrum, das durch Literatur und Lieder, Tanz und Design seine sehr sinnenhaften Seiten besitzt, die jede Menge Chancen für den Unterricht bieten. Aber: Was hat das zu bedeuten; wie hängt das alles zusammen; wo liegt der innere Kern; woher kommt das alles, und wohin hat es geführt ? Diese teilweise bis heute offenen Fragen werden die gesamte Veranstaltung begleiten. Die Ursprünge reichen von der Schulüberbürdungs- und Schülerselbstmorddebatte bis hin zu Nietzsches "Zarathustra". Und die Folgen ? In den ersten Nachkriegsjahrzehnten pflegte der protofaschistische Zug dieser Bewegungen hervorgehoben zu werden; seit den 1970er Jahren dagegen werden sie als Vorläufer der Hippie- und Ökobewegung und weiterer neuer Lebensreformbewegungen wiederentdeckt. An aktuellen Bezügen also kein Mangel !
Walter Z. Laqueur: Die deutsche Jugendbewegung. Eine historische Studie, Köln 1962 (Klassiker!). Diethart Kerbs/Jürgen Reulecke (Hrsg.): Handbuch der deutschen Reformbewegungen 1880-1933, Wuppertal 1998. Winfried Mogge/Jürgen Reulecke (Hrsg.): Hoher Meißner 1913. Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten ... Köln 1988. Kai Buchholz u. a. (Hrsg.): Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900, 2 Bde., Darmstadt 2001 (gewaltiger Ausstellungskatalog mit Texten !). Thomas Koebner u. a. (Hrsg.): "Mit uns zieht die neue Zeit". Der Mythos Jugend, Frankfurt 1985. Ulrich Linse: Ökopax und Anarchie. Eine Geschichte der ökologischen Bewegungen in Deutschland, München 1986. Ulrich Linse (Hrsg.): Zurück o Mensch zur Mutter Erde. Landkommunen in Deutschland 1890-1933, München 1983. Ulfried Geuter: Homosexualität in der deutschen Jugendbewegung, Frankfurt 1994.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Do | 16-18 | unveröffentlicht | 14.04.-21.07.2005 |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichte / Lehramt Sekundarstufe I | D2 | Wahlpflicht | HS | ||||
Geschichte / Lehramt Sekundarstufe II | D2 | Wahlpflicht | HS | ||||
Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kernfach | 2.5.2 | Wahlpflicht | 8 | benotet |