300084 Einführung in die Sozialanthropologie: Vergemeinschaftung, Netzwerke und Organisationen in transnationalen Kontexten (V) (WiSe 2009/2010)

Diese Einführung in das Fach Sozialanthropologie untersucht mikro- und meso-soziale Konstellationen, die im Zusammenhang mit Prozessen der Globalisierung, Internationalisierung und Transnationalisierung im Wandel begriffen sind. Zu den hier interessierenden Prozessen gehören unterschiedliche Formen von Migrationsbewegungen und die damit zusammenhängende Entstehung ‚translokaler’ und ‚transnationaler sozialer Räume’, die Expansion der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe, die Ausweitung von Aktivistennetzwerken sowie die Ausdehnung und die Ausdifferenzierung des Regimes der Menschenrechte.

Vor der Folie dieser Prozesse sollen sich wandelnde soziale Konstellationen betrachtet werden, die entweder zu den „traditionellen“ und zentralen Begriffen der Sozialanthropologie gehören, wie etwa ‚Familie’, ‚Freundschaft’, ‚lokale Gemeinschaft’ oder ‚Nachbarschaft’ als auch solche, die erst in den letzten Jahren in der Fokus der sozialanthropologischen Forschung gerückt sind: Netzwerke, virtuelle Gemeinschaften, Migrantenorganisationen, ‚neue soziale Bewegungen’, Minderheiten / ‚indigenous people’, ‚transnationale religiöse Gemeinschaften’, ‚gated communities’, u.a. Diese werden als sozialanthropologische Grundbegriffe betrachtet und zugleich im Kontext der Translokalisierung und Transnationalisierung untersucht: Inwiefern wandelt sich das Begriffsverständnis unter den Rahmenbedingungen der Globalität, z.B. wann kann ‚Familie’ als ‚Gruppe’ verstanden werden und wann als ‚Netzwerk’? Wann und wie werden neue soziale Konstellationen bedeutsam (z.B. Migrantenorganisation’) und in welchen Arenen – z.B. urbane Politiken – formieren sie sich?

Die einführenden Sitzungen werden sich auf sozialanthropologische Theorien und rezente Studien zur Translokalität und Transnationalität konzentrieren und dabei Anschlüsse wie Abgrenzungen zu soziologischen und politikwissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet hergestellt werden. Mindestens 10 Sitzungen werden sich auf die einzelnen ‚Grundbegriffe’ konzentrieren. Jeder Grundbegriff wird auf der Grundlage einer empirischen Studie betrachtet.

Ziel dieser Lehrveranstaltung ist, zentrale ‚alte’ und ‚neue’ sozialanthropologische Grundbegriffe und die darauf bezogenen theoretischen Positionen kennen zu lernen und dabei sowohl disziplinäre Spezifika als auch interdisziplinäre Anschlüsse zu betrachten. Dieses auf Mikro- und Meso-Konstellationen fokussierende Vorgehen bietet zugleich einen guten Einstieg in die sozialanthropologische Auseinandersetzung mit Globalität.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Diese Lehrveranstaltung richtet sich an BA-Studierende ab dem 3. Semester, die bereits die Einführungen in die Grundbegriffe und Theorien absolviert haben.

Literaturangaben

Einstiegslektüre:

Anghel, Remus Gabriel; Gerharz, Eva; Rescher, Gilberto und Monika Salzbrunn (Hrsg.) 2008, The Making of World Society, Bielefeld, Transcript.

Glick Schiller, Nina; Basch, Linda und Christina Szanton Blanc 1999, ‘From Immigrant to Transmigrant, Theorizing Transnational Migration’. In: Ludger Pries (Hrsg.) Migration and Transnational Social Spaces, Aldershot, Ashgate Publishing, Seiten 73-104.

Hannerz, Ulf 1980. Exploring the City: Inquiries Toward an Urban Anthropology. New York: Columbia University Press.

Hart, Keith 1990. ‘Kinship, Contract, and Trust: the Economic Organisation of Migrants in an African City Slum’. In: Diego Gambetta (Hrsg.) Trust: Making and Breaking Cooperative Relations. Oxford: Blackwell.

Della Porta, Donatella; Andretta, Massimillano und Herbert Reiter, 2006. Globalization from Below, Transnational Activists and Protest Networks, University of Minnesota Press, Minneapolis, Minnesota (u.a.).