Die Vorstellung, dass allein Leistung und Anstrengung – und nicht etwa ererbte Titel und Privilegien – über die sozialen Lebenschancen von Menschen entscheiden, ist – mit Marx (1859/1974) gesprochen – ein Teil des ideologischen Überbaus heutiger bürgerlicher Gesellschaften.
Deren meritokratische Herrschaftsform ist am Leistungsprinzip orientiert, das unter der Annahme gleicher Startchancen aller einen gerechten Wettbewerb um Bildungstitel, Einkommen und Status bestimmt (Young, 1962). Das Bildungssystem erfüllt dabei die Funktion, Anstrengungsbereitschaft zu sanktionieren, Leistungen zu zertifizieren und die gesellschaftliche Verteilung von Berufschancen, sozialen Positionen und begehrten, aber knappen Gütern zu regulieren.
Bildung ist zum zentralen Medium des sozialen Aufstiegs und der Statussicherung in marktorientierten Gesellschaften avanciert. In der Folge gleicht das Streben nach mehr höheren und prestigeträchtigen Bildungszertifikaten einem nunmehr globalisierten Wettrüsten (Halliday, 2016). Doch an nur wenigen Orten wie Südkorea und Singapur läuft der Leistungswettbewerb tatsächlich weitgehend meritokratisch und leistungsorientiert ab, ohne dass soziale Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern den Wettbewerb verzerrten. Zugleich legitimiert der meritokratische Statuserwerb gesellschaftliche Ungleichheiten ebenso wie er diese hervorbringt (Hadjar, 2015). Macht und Status erscheinen in einer so organisierten Leistungsgesellschaft wohlverdient. Wer scheitert, landet zurecht im gesellschaftlichen Abseits. Damit werden auch gerechtigkeitstheoretische Fragen aufgeworfen.
Im Seminar wird erstens die Idee der Meritokratie als Ordnungsprinzip bürgerlicher Gesellschaften theoretisch reflektiert und diskutiert. Zweitens beleuchten wir die Rolle der Bildung in der Leistungsgesellschaft und fragen aus bildungstheoretischer Sicht nach der Funktionalisierung von Bildung und ihrer Verknüpfung mit Anstrengungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit (Heinrich, 2010; Stojanov, 2015). Drittens wird im Seminar erörtert, inwieweit das meritokratische Prinzip im deutschen Bildungssystem verwirklicht ist und wie sich Schüler*innen und Eltern leistungsorientiertes Denken zu eigen machen. Damit eng verknüpft ist die Frage, welche intendierten und nicht intendierten Folgen das Gewinnen und Verlieren für Selbst- und Weltbild der beteiligten Akteure im Bildungswettbewerb zeitigt.
Master of Arts: Voraussetzung ist die Einschreibung im Master of Arts Erziehungswissenschaft im SoSe23
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
---|---|---|---|
25-ME1 Allgemeine Grundlagen | E1: (Wissenschafts)theoretische und historische Grundlagen der Erziehungswissenschaft | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen:
Diese Veranstaltung verfügt über eine Videokonferenz. Um die Videokonferenzdaten zu sehen, müssen Sie die Veranstaltung in Ihrem eKVV Stundenplan speichern. Bei einer Veranstaltung mit Teilnahmemanagement müssen Sie außerdem von den Lehrenden als teilnehmend eingetragen werden.