230575 Kunst - Literatur - Theater? Die Medialitäten der Mode (S) (SoSe 2018)

Inhalt, Kommentar

Ist Mode eine Kunstgattung? Angesichts der fast schon an Prostitution grenzenden Sendung „Germany’s next Top-Model“ möchte man eine solche Behauptung (zunächst) ernsthaft in Zweifel ziehen. Dennoch appelliert das mediale Präsentieren von Mode an ästhetische und erotische Reize. Jede Modenschau ist an Verfahren der Inszenierung gebunden, an ein Theater. "Haute Couture" impliziert etwas anderes als "Klamotten". Das Eine wird geschaut, das andere zieht man an! Und: Wir selbst inszenieren uns, wenn wir uns schick machen, weil wir wahrgenommen werden wollen bzw. unseren Geschmack als einen Modus der Distinktion visualisierbar machen wollen, um "Singularitäten" (Andreas Reckwitz) ausformen zu können. Mit diesen Fragen, wie Kleidung funktioniert, wie sie beschrieben wird, welchen Aufschluss sie über ihre Träger gibt und wie sie von der Umwelt registriert wird, setzt sich auch die Literatur stark auseinander. Hans Christians Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ ist hierfür genauso paradigmatisch wie Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“ oder die zahlreichen Texte, die sich beispielsweise mit der Funktion und Wirkung von Uniformen beschäftigen. Unter Einbezug von Text- und Bildmaterialien, soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Mode und „sich Kleiden“ ein ästhetisches Verfahren sein kann, ob dieser „vestimentäre Code“ (Roland Barthes) den Menschen Identität verleiht und inwieweit er einen Beitrag leistet zur sozialen Differenzierung und zu den in ihr stattfindenden Praktiken der Distinktion (Pierre Bourdieu) und ihrer Wahrnehmbarkeit. Der Veranstaltung kommt daher nicht nur eine schöngeistige, sondern auch eine problemorientierte Komponente zu, was auch die gleichmäßige Integration von modetheoretischen und literarischen Texten (Castligione, Christian Garwe, Charles Baudelaire, Balzac, Karl Gutzkow, Friedrich Theodor Vischer, Oscar Wilde, Emile Zola, Walter Benjamin, Renate Rasp, Thomas Meinecke, Rainald Goetz, Georg Simmel, Roland Barthes, Silvia Bovenschen, Pierre Bourdieu, Gertrud Lehnert, Barbara Vinken, Hannelore Schlaffer) verlangt. Mit der gemeinsamen Besprechung von Charles Baudelaires Essay "Der Maler des modernen Lebens" (1863) und Georg Simmels Aufsatz "Philosophie der Moderne" wird eine erste Diskussionsgrundlage erarbeitet, welche in den Erscheinungs- und Präsentationsformen der Mode vor allem den ästhetischen Reiz einer paradoxalen Gleichzeitigkeit von Präsenz und Flüchtigkeit ("fugitiv") zu ermitteln und mit modernen Wahrnehmungsmodalitäten zu verbinden versucht. Pierre Bourdieus Motto "Die Mode gehört zu jenen Mechanismen, mit deren Verstehen man nie ans Ende kommt, weil man sie zu leicht versteht." bewegt sich genau zwischen diesen Graden.
Ein detaillierter Seminarplan wird im März versendet, so dass ab dieser Zeit auch Anfragen für Kurzessays und Hausarbeiten gestellt werden können. Ebenso wird rechtzeitig zu Semesterbeginn ein Semesterapparat mit relevanter Forschungsliteratur und Kopiervorlagen eingerichtet. Kürzere Texte werden vom Seminarleiter zur Verfügung gestellt.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

- Besuch einer "Einführung in die Germanistische Literaturwissneschaft"
- Interesse an der Lektüre und Diskussion (!!) kulturtheoretischer Texte
- Interesse am Theorie-Text-Transfer

Literaturangaben

- Roland Barthes: Die Sprache der Mode, aus dem Französischen von Horst Brühmann, Frankfurt am Main 2010.
- Julia Bertschik: Mode und Moderne. Kleidung als Spiegel des Zeitgeistes in der deutschsprachigen Literatur (1770–1945), Köln/Weimar/Wien 2005.
- Julia Bertschik: „Kleidung“, in: Günter Butzer/Joachim Jacob (Hgg.): Metzler Lexikon literarischer Symbole, Stuttgart/ Weimar 2012, zweite Auflage, S. 217- 219.
- Pierre Bourdieu: "Die Metamorphose des Geschmacks", in: ders.: Soziologische Fragen. Aus dem Französischen von Hella Beister und Bernd Schwibs, Frankfurt am Main 1993, S. 153-164.
- Elena Esposito: Die Verbindlichkeit des Vorübergehenden: Paradoxien der Mode, Frankfurt am Main 2004.
- André Holenstein/Ruth Meyer Schweizer/Tristan Weddingen/Sara Margarita Zwahlen (Hgg.): Zweite Haut. Zur Kulturgeschichte der Kleidung. Referate einer Vorlesungsreihe des Collegium Generale der Universität Bern im Herbstsemester 2007, Bern/Stuttgart/Wien 2010.
- Gertrud Lehnert/Alicia Kühl/Katja Weise (Hgg.): Modetheorie. Klassische Texte aus vier Jahrhunderten, Bielefeld 2014.
- Barbara Schmelzer-Ziringer: Mode - Design - Theorie, Wien/Köln/Weimar 2015.
- Georg Simmel: "Philosophie der Mode (1905/06)", in: ders.: Gesamtausgabe, herausgegeben von Otthein Rammstedt, 24 Bde., Frankfurt am Main 1989–2015, Band 10, S. 9–37.
- Barbara Vinken: Angezogen. Das Geheimnis der Mode, Stuttgart 2013.
- Barbara Vinken (Hg.): Die Blumen der Mode: Klassische und neue Texte zur Philosophie der Mode, Stuttgart 2016.
- Torsten Voß: Körper, Uniformen und Offiziere. Soldatische Männlichkeiten in der Literatur von Grimmelshausen und J.M.R. Lenz bis Ernst Jünger und Hermann Broch, Bielefeld 2016.
- Brunhilde Wehinger: "Modisch/Mode", in: Karlheinz Barck (Hg.) Ästhetische Grundbegriffe in sieben Bänden. Studienausgabe, Stuttgart/Weimar 2010, Band 4: Medien - Populär, S. 168-183.

Lehrende

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Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
23-GER-PLit2 Gegenwartsliteratur und Medien Veranstaltung 1 (mit Modulprüfung) Studienleistung
benotete Prüfungsleistung
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Veranstaltung 2 Studienleistung
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23-LIT-LitBM2 Basismodul 2: Literaturtheorie und Ästhetik Systematische Fragen der Literaturwissenschaft Studienleistung
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- benotete Prüfungsleistung Studieninformation
23-LIT-LitP4 Kulturwissenschaft (Kulturtheorie) Grundfragen der Kulturtheorie: Modelle, Geschichte, Probleme Studienleistung
Studieninformation
Kultur und Text: Exemplarische Analysen Studienleistung
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Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft: Theorie und Praxis Studienleistung
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Seminar mit Lektüreschwerpunkt Studienleistung
Studieninformation
- benotete Prüfungsleistung Studieninformation

Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


- Für die aktive Teilnahme/Studienleistung: Kurzessay zu einer theoretischen Position bzw. eines literarischen Textes; oder: Referat plus Thesenpapier
- benotete Einzelleistung: Hausarbeit (ca. 12 bis 15 Seiten)

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Adresse:
SS2018_230575@ekvv.uni-bielefeld.de
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Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_120161386@ekvv.uni-bielefeld.de
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Mittwoch, 7. März 2018 
Letzte Änderung Zeiten:
Freitag, 13. April 2018 
Letzte Änderung Räume:
Freitag, 13. April 2018 
Art(en) / SWS
S / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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