Die politische Ordnung der römischen Republik ist im Laufe der Forschung sehr verschieden konzeptualisiert worden. Die positivistisch erfassten „Staatsalterhümer“ wurden durch Theodor Mommsens „Staatsrecht“ (1871, 3. Aufl. 1887/88), eine beeindruckend konsistente Konstruktion aus dem Geist juristischer Systematik, abgelöst (s. mein GSH im Sommersem. 14). Breiter erfasst der Begriff „Verfassung“/“constitution“ die Phänomene; er wurde zuletzt ergänzt durch die „politische Kultur“; in dieser Perspektive soll der Blick auf die Ausdrucksseite des Politischen, die direkte Kommunikation und die symbolische Integration erklären helfen, warum das Institutionengefüge der res publica trotz seiner Widersprüche über mehrere Jahrhunderte einigermaßen funktionierte und es selbst viele der „Dehnungseffekte“ (B. Linke) seit dem 2. Jh. v.Chr. noch einigermaßen verkraften konnte. Da die politische Ordnung ein institutionelles Gerüst und ein soziales Fundament besaß, müssen beide immer zusammengedacht werden. Neben den Routinen des Beratens und Entscheidens erscheinen die Konflikte und Kollisionen für die Analyse besonders aufschlussreich.
Es geht in dem Modul auch um für Historiker insgesamt bedeutsame Fragen, darunter die, ob für ein Gefüge wie die römische Republik der Begriff „Staat“ verwendet werden kann. Doch vor allem wird es es uns darum zu tun sein, diese Gefüge sowie seine Rahmenbedingungen und Praktiken besser verstehen zu lernen. Ein Ausblick kann, wenn gewünscht, der Rezeptionsgeschichte gewidmet werden; von Machiavelli über Montesquieu bis zu den Träger der Revolutionen von 1776 und 1789 hat sich die Neuzeit immer wieder am römischen Modell abgearbeitet und daraus Erhellung und Ermutigung zu ziehen gesucht.
Das Modul ist als integrierte vierständige Lehrveranstaltung aus BA-Seminar und Historischer Orientierung (220076) im Hauptmodul konzipiert. Zunächst werde ich in Vorlesungsform einen einführenden Überblick geben; dann lesen wir gemeinsam ausgewählte Texte (antike Quellen, z.B. Polybios, Cicero und Sallust, sowie Forschungsliteratur in deutscher und englischer Sprache). Den dritten Abschnitt machen die Präsentationen der Studierenden aus (keine Referate im üblichen Sinn!).
Achtung: Das Seminar „Die politische Ordnung der römischen Republik“ und die Historische Orientierung „Deutungen und Quellen zur politischen Ordnung der römischen Republik“ bilden einen vierstündigen Block und müssen beide zusammen besucht werden. Aufgrund des Aufbaus des Modulblocks (s.o.) wird es für Studierende, die nur eine der beiden Veranstaltungen besuchen, nahezu unmöglich sein, dem Fortschreiten im Stoff und im Kompetenzerwerb zu folgen. Auf Fragen und Probleme, die sich aus dem Versäumen von einzelnen Sitzungen oder einer ganzen Hälfte des Moduls ergeben, wird keinerlei Rücksicht genommen werden können!
Teilnahmevoraussetzung ist das erfolgreich abgeschlossene Grundmodul Antike. Ausbaufähige Lateinkenntnisse sind willkommen, aber keine Voraussetzung.
Martin Jehne, Die römische Republik. Von der Gründung bis Augustus (Beck Wissen), München 2. Aufl. 2008 (Pflichtlektüre, zur Anschaffung empfohlen); Jochen Bleicken, Geschichte der römischen Republik (Oldenbourg Grundriß, 2), München 5. Aufl. 1999; ders., Die Verfassung der römischen Republik, Paderborn u.a. 7. Aufl. 1995 (Pflichtlektüre); Andrew Lintott, The Constitution of the Roman Republic, Oxford 1998; Nathan Rosenstein, Robert Morstein-Marx (eds.), A Companion to the Roman Republic, Malden u.a. 2006; Karl-Joachim Hölkeskamp, Rekonstruktionen einer Republik (HZ Beiheft 38), München 2004; Theodor Mommen, Römisches Staatsrecht, 3 Bände, Leipzig 31887–1888; Christian Meier, Res publica amissa. Eine Studie zur Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik, Frankfurt/M. 1966, Neuausg. 1980; Christoph Lundgreen, Regelkonflikte in der römischen Republik. Geltung und Gewichtung von Normen in politischen Entscheidungsprozessen (Historia Einzelschriften 221), Stuttgart 2011; Uwe Walter, Meister der Macht ohne Formierung von Staatlichkeit: die römische Aristokratie, in: Christoph Lundgreen (Hg.), Staatlichkeit in Rom? (Staatsdiskurse, 27), Stuttgart 2014, 91-116; ders., Ordnungszersetzung: der Fall der späten römischen Republik, in: Ewald Frie, Mischa Meier (Hgg.), Aufruhr – Katastrophe – Konkurrenz – Zerfall. Be¬drohte Ordnungen als Thema der Kulturwissenschaften (Bedrohte Ordnungen, 1), Tübingen 2014, 83-115.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.1 |
Seminar Vormoderne | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
22-B4-LFS-Ha Geschichte 1: Hauptmodul Geschichte der römischen und der romanischen Welt (für Studierende mit Kernfach Geschichte) | Seminar | benotete Prüfungsleistung
|
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | ||||||
Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | 3.1.1 | 8 | |||
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | 3.1.1 | 8 | ||||
Latein: Die römische Literatur, Kultur und Gesellschaft im europäischen Kontext / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | MaLat6 | 5 | ||||
Romanische Kulturen: Sprache, Literatur, Geschichte / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Nebenfach | BaRKL4b; BaRK5g |
Im Seminar Präsentation mit Quellenpapier/Tischvorlage; schriftliche Hausarbeit im Umfang von 40.000-50.000 Zeichen (= 20-25 Seiten); s. Modulhandbuch zum Modul 22-3.1.