Die erste Phase der römischen Geschichte verdient aus mehreren Gründen unsere Aufmerksamkeit. Zum einen wurden hier wesentliche Weichen gestellt und konnte Rom ‒ im 8. Jahrhundert eine wenig beachtliche Siedlung in Italien unter vielen ‒ eine innere Ordnung sowie ein militärisch-politisches Bündnissystem begründen, die zusammen den welthistorisch einzigartigen Aufstieg der Tiberstadt zur antiken Supermacht ermöglichten. Die Stadtgeschichte Roms bis zur Zeit der Samnitenkriege, so formulierte es Johann Gustav Droysen, „wäre uns ebenso unklar wie gleichgültig, wenn nicht das, was mit diesen Kriegen und seit Pyrrhus aus Rom wurde, allem Früheren eine Bedeutung gäbe“. In dieser Epoche entstanden die beiden Hauptträger der römischen Machtdynamik: das Bündnissystem in Italien und die politische Führung durch die Nobilität. Zum anderen sind viele Symbole und Geschichten dieser Epoche ins historische Gedächtnis Europas (und der USA) eingegangen: der Brudermord bei der Stadtgründung, der tyrannisch entartende König, die Republik als eine auf Freiheit und Würde gegründete Ordnung, die heldenhaften Frauen und Männer, deren Taten zu Chiffren von politischen Selbstopfern wurden. So verdankt die amerikanisch Stadt Cincinnati ihren Namen letztlich einem frührepublikanischen Römer, der von seinem Pflug weg zum Dictator und Befehlshaber des Heeres berufen wurde, den Job erledigte und sogleich wieder auf seinen Acker zurückkehrte. Drittens ist die Geschichte des frühen Rom heute nur noch im Kontext der gesamtitalischen Entwicklung, als eine ‚multikulturelle‘, zudem von Differenzen, Unschärfen, Identitätsbildungen und Integration gekennzeichnete Geschichte zu verstehen. In der Tat verfehlt eine vom politischen Ende, von der Weltherrschaft und der Romanisierung Italiens her gedachte Isolierung Roms die überaus vielfältigen politischen, demographischen, religiösen und kulturellen Prozesse auf der Halbinsel. Und viertens bietet die literarische Überlieferung zu dieser Epoche ein methodisches Exerzierfeld: Sie ist in den Details weitgehend fiktiv, aber es lassen sich einzelne Strukturen herauspräparieren, die mit aller Vorsicht als historisch anzusehen sind. Als Kontrollinstanz dienen nicht-literarische Quellen: archäologische Befunde, vereinzelte Inschriften und die Überreste des Zwölftafelgesetzes aus der Mitte des 5. Jahrhunderts.
Das Modul ist als integrierte vierstündige Lehrveranstaltung konzipiert! Das Seminar „Das frühe Rom im italischen Kontext“ und die Historische Orientierung „Rom und Italien bis 264 v.Chr.“ bilden einen Block und müssen beide regelmäßig besucht werden. Wegen der integrierten Planung wird es für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nur eine der beiden Veranstaltungen besuchen, unmöglich sein, dem Fortschreiten in der Erarbeitung und im Kompetenzerwerb zu folgen. Auf Fragen und Probleme, die sich aus dem Versäumen von einzelnen Sitzungen oder einer ganzen Hälfte des Moduls ergeben, wird keine Rücksicht genommen werden können!
Das Modul ist sequentiell in (flexible) Teile gegliedert: Zunächst werde ich in Vorlesungsform einen einführenden Überblick geben; dann lesen wir gemeinsam ausgewählte Texte (antike Quellen; Forschungsliteratur in deutscher und englischer Sprache). Den dritten Abschnitt machen die Präsentationen der Teilnehmer aus (keine Referate im üblichen Sinn!).
erfolgreich abgeschlossenes Grundmodul Antike
Quellen
Eine Übersicht geben Robert M. Ogilvie / Andrew Drummond, The sources for early Roman history, in: F.W. Walbank u.a. (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Second Edition, vol. VII: The Rise of Rome to 220 B.C., Cambridge 1989.
Jaclyn Neel, Early Rome. Myth and Society, Malden 2017 (Quellensammlung).
Hans Jürgen Hillen, Von Aeneas zu Romulus. Die Legenden von der Gründung Roms, Düsseldorf/Zürich 2003.
Literatur
Kathryn Lomas, Der Aufstieg Roms. Von Romulus bis Pyrrhos. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Uwe Walter, Stuttgart 2019 (engl.: The Rise of Rome, London 2017).
Timothy J. Cornell, The Beginnings of Rome: Italy and Rome from the Bronze Age to the Punic Wars (c. 1000–264 BC) (London 1995)
Uwe Walter, Mehr als Mythos und Konstruktion? Die römische Königszeit, in: HZ 302, 2016, 1-40
Jeremy Armstrong / James H. Richardson (Hrsg.), Politics and Power in Early Rome 509‒264 BC (Antichthon 51, 2017).
Timothy P. Wiseman, The Myths of Rome, Exeter 2004.
Filippo Coarelli, Römische Kunst von den Anfängen bis zur Mittleren Republik. Mainz 2011.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.2 |
Seminar Vormoderne | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.1.2 |
Seminar | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Studieren ab 50 |
Im Seminar: Präsentation mit Quellenpapier/Tischvorlage; schriftliche Hausarbeit im Umfang von 40.000-50.000 Zeichen (= 20-25 Seiten); s. Modulhandbuch.
In der Historischen Orientierung: Zwei größere Studienleistungen (1. Erarbeitung eines wiss. Aufsatzes mit Tischvorlage; 2. Kritisches Referat einer Monographie oder eines Sammelbandes mit Tischvorlage).
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: