Der Begriff der Alltagsgeschichte ist in den frühen 1980er Jahren aufgekommen, nicht zuletzt in kritischer Abgrenzung von der „klassischen“ Bielefelder Sozialgeschichte. In deren konzeptuellem Universum hatte der Einzelne vergleichsweise wenig Entscheidungs- und Handlungsspielräume und war weitgehend determiniert durch – unpersönliche – soziale Strukturen. Alltagsgeschichtler wie Alf Lüdtke und Hans Medick fassen das Verhältnis Mensch-Struktur dialektischer. Anhand von mikrogeschichtlichen Studien fragen sie danach, wie Menschen in ihrem konkreten Umgang Strukturen mitgeprägt und -verändert haben. Und auch wenn mit der Hermeneutik (Verstehen und Einfühlen in menschliches Denken und Handeln) durchaus Traditionen der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts wiederbelebt werden, so geht es doch nicht mehr um die „großen Männer“ (Staatsmänner, Künstler, etc.), sondern um den „kleinen Mann“ und die „kleine Frau“, die sich als geschichtliche Akteure emanzipieren. Diese Veränderung des Blickwinkels läßt sich nicht auf einen bloß innerwissenschaftlichen Paradigmenwechsel zurückführen. Er ist rückgebunden an eine breitere gesellschaftliche Debatte, v.a. um den Nationalsozialismus. Denn wie steht es mit der individuellen Verantwortung, wenn Menschen keine Möglichkeiten haben, Strukturen zu verändern? Das ist nicht nur eine erkenntnistheoretische Frage, sondern in erster Linie eine ethische. So war und ist die Alltagsgeschichte ein deutsches Phänomen. Doch gibt es in den historiographischen Traditionen anderer Länder ähnliche Trends, gerade im Dunstkreis der französischen Annalen-Schule auch schon erheblich früher, doch sind diese Strömungen aus anderen politischen und wissenschaftlichen Dynamiken entstanden und setzen daher auch andere zeitliche und methodische Schwerpunkte. In dem Grundkurs setzen wir uns einerseits mit Fragen der Historiographiegeschichte auseinander, wenn wir der Formierung der Alltagsgeschichte und analoger Konzepte in anderen historiographischen Kontexten nachgehen, andererseits interessiert uns deren praktische historiographische Arbeit und die konkreter Umsetzung theoretischer Prämissen. Am Beispiel von mittlerweile kanonisierten Studien zur Alltagsgeschichte schauen wir uns an, mit welchen Quellen Alltagshistoriker arbeiten mithilfe welcher methodologischer Zugriffe sie ihre Quellen zum Sprechen bringen.
Da eine gleichmäßige Verteilung der Teilnehmer auf alle Grundkurse eines Teilgebietes (Antike, Mittelalter/Frühe Neuzeit usw.) für ein Gelingen der gemeinsamen Arbeit unabdingbar ist, findet in der Woche vor Beginn der Lehrveranstaltungen, also vom 28.3.-1.4.2010 sowie zusätzlich am 4.4.2010 in S 4-201, jeweils von 10-14 Uhr, intern ein schriftliches Anmelde- und Verteilungsverfahren statt. Für die Zulassung zu einem der Kurse ist allein die persönliche (!) Eintragung in die dort geführten Anmeldelisten relevant, nicht die Anwahl im ekVV! Näheres am Schwarzen Brett der Alten Geschichte (gegenüber von S 4-201).
Alf Lüdtke: Alltagsgeschichte. Campus, Frankfurt/M., New York, 1989.
Philipp Ariès u.a. (Hg.): Geschichte des privaten Lebens. Bd. 1-5. Campus Frankfurt/M. 1999.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | Modul 1.3 | Wahlpflicht | 8 | scheinfähig | |
Geschichtswissenschaft (G) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Wahlpflicht | 8 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Wahlpflicht | 8 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft (HR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Wahlpflicht | 8 | scheinfähig | ||
Romanische Kulturen: Sprache, Literatur, Geschichte / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Nebenfach | BaRKF4a; BaRKS4a |