Dass die neuere Sozialgeschichte, die sich selbst zumeist als "Historische Sozialwissenschaft" begreift, der "Doppelkonstitution historischer Prozesse", gekennzeichnet durch "die Gleichzeitigkeit von gegebenen und produzierten Verhältnissen" (Hans Medick), nicht gerecht werde, mit diesem Vorwurf sieht sie sich spätestens seit dem Aufkommen der Alltagsgeschichte konfrontiert. Die Brücke zu schlagen zwischen "Struktur" und "Handeln", so der Vorwurf weiter, gelinge ihr nicht, weil sie ihr Schwergewicht ungerechtfertigterweise fast ausschließlich auf die überindividuellen Strukturen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik und langfristige Prozesse lege.
Welche Theorien aber stehen als analytische Bezugsrahmen zur Verfügung, um "Kultur" methodisch-systematisch zu erfassen und zugleich zwischen "Struktur" und "Handeln" plausibel zu vermitteln? Vielversprechend scheint hier der kultursoziologische Ansatz Pierre Bourdieus zu sein, der im vergangenen Jahrzehnt mehrfach als für eine kulturtheoretische Wende der Sozialgeschichte fruchtbar charakterisiert worden ist. Diesem Angebot wollen wir uns in dieser Veranstaltung nähern und es auf seine Nützlichkeit für die Geschichtswissenschaft überprüfen. Es sollen zunächst anhand von ausgewählten Texten Bourdieus die grundlegenden Begriffe, Theoreme und Hypothesen seiner Kultursoziologie entfaltet werden, um diese dann in einem zweiten Schritt hinsichtlich der Frage zu problematisieren, inwiefern sie einen Beitrag zur theoretischen Perspektivierung und methodischen Anleitung geschichtswissenschaftlichen Arbeitens bereit stellt. Last, but not least, sollen einige ausgewählte historische Arbeiten diskutiert werden, in denen "Bourdieu für Historiker" operationalisiert wurde.
Für den Strand:
Pierre Bourdieu, Ein soziologischer Selbstversuch, Frankfurt 2002.
Für den Bielefeld-Urlaub:
Pierre Bourdieu / Loïc J. D. Wacquant, Reflexive Anthropologie, Frankfurt 1996.
Und wenn noch Zeit bleibt:
Pierre Bourdieu / Lutz Raphael, Über die Beziehungen zwischen Geschichte und Soziologie in Frankreich und Deutschland. Pierre Bourdieu im Gespräch mit Lutz Raphael, in: Geschichte und Gesellschaft 22. 1996, 62-89; Ingrid Gilcher-Holtey, "Métier militant": Zum Tode Pierre Bourdieus ? 1. August 1930 - 23. Januar 2002, in: Geschichte und Gesellschaft 28. 2002, 637-644; Sven Reichardt, Bourdieu für Historiker? Ein kultursoziologisches Angebot an die Sozialgeschichte, in: Thomas Mergel / Thomas Welskopp Hg., Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft. Beiträge zur Theoriedebatte, München 1997, 71-93; Franz Schultheis, Das Konzept des sozialen Raumes: Eine zentrale Achse in Pierre Bourdieus Gesellschaftstheorie, in: Georg Mein / Markus Rieger-Ladich Hg., Soziale Räume und kulturelle Praktiken. Über den strategischen Gebrauch von Medien, Bielefeld 2004, 15-26; Markus Schwingel, Bourdieu zur Einführung, Hamburg 1995; Hans-Ulrich Wehler, Pierre Bourdieu. Das Zentrum seines Werks, in: ders., Die Herausforderung der Kulturgeschichte, München 1998, 15-44.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mo | 16-18 | T8-222 | 24.10.2005-06.02.2006 |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | ||||||
Geschichte / Lehramt Sekundarstufe I | A4; B4; C1 | Wahlpflicht | nicht scheinfähig HS | ||||
Geschichte / Lehramt Sekundarstufe II | A4; B4; C2 | Wahlpflicht | nicht scheinfähig HS | ||||
Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | Modul 2.2; Modul 2.4; Modul 2.8 | Wahlpflicht | 4 | benotet | |
Geschichtswissenschaft (Hauptfach) / Magister | Wahlpflicht | nicht scheinfähig HS | |||||
Geschichtswissenschaft (Hauptfach) / Magister | Wahlpflicht | nicht scheinfähig HS |