Jüngste Entwicklungen rechtsextremistisch motivierter Straftaten in Deutschland (und in Eu-ropa) können am gegenwärtigen Verfahrensstand des NSU-Prozesses gut nachgezeichnet wer-den: Es bestehen berechtigte Zweifel an der Auffassung der Bundesanwaltschaft, die Mordserie des NSU sei lediglich von den fünf Münchener Angeklagten zu verantworten; auf-grund zahlreicher Zeugenaussagen muss von einem viel größeren Unterstützerkreis ausgegan-gen werden. Der NSU konnte über ein Jahrzehnt unerkannt bleiben und verfügte möglicher-weise über Unterstützung, deren Ausmaße noch unüberschaubar sind.
Es scheint ebenso wenig abschätzbar, mit welcher Intensität und mit welchen Auswirkungen wir es künftig zu tun haben, wenn Strukturveränderungen, neue Propagandataktik und Ver-netzungsstrategien der rechten Szene konstatiert werden müssen:
1. Wenn sich Rechtsextreme an den Universitäten immatrikulieren, und zwar in verschiedenen Fakultäten von Kiel bis Freiburg und von Greifswald bis Köln;
2. wenn neue Rechtsanwälte sich auf die Vertretung von Mandanten aus der rechten Szene spe-zialisieren;
3. wenn rechte Liedermacher ihre Musik-CDs in Schulen verteilen;
4. wenn Schülervertretungen und Fachschaften von der rechten Szene unterwandert werden;
5. wenn Strömungen in der Deutschen Burschenschaft den „Ariernachweis“ verlangen (genauer: den Nachweis deutscher, abendländisch-europäischer und nicht-abendländisch-europäischer Abstammung);
6. wenn sich nationale und internationale Fußballverbände gegenüber Diskriminierungs- und Rassismusvorwürfen durch „Aktionen und Projekte zur Toleranz“ zur Wehr setzen müssen;
7. wenn europaweit neokonservative Parteien und Vereinigungen politische Positionen der Men-schenfeindlichkeit vertreten und zum gemeinsamen Schulterschluss aufrufen;
8. wenn öffentliche Äußerungen zur „entarteten Demokratie“ nahezu unkommentiert bleiben;
9. wenn sich Rechtspopulismus breit macht, friedliche Atmosphären vergiftet werden und weg-geschaut wird.
Die Aufzählung ist unvollständig. Sie stellt nur einen Bruchteil gegenwärtig wahrnehmbarer Kontinuitäten dar, deren Bezugspunkte auf allen Ebenen gesellschaftlichen Lebens registriert werden können. Auch politische Unterlassungen in Deutschland und Europa sind Teil dieser Kontinuität. Diese Kontinuitäten gehen weit zurück. Wir werden deshalb im Seminar histori-sche Linien zurück verfolgen, die sich in der Geschichte staatlichen Zusammenlebens immer wieder als reproduzierbar erwiesen haben. Da sich diese Kontinuitäten für die Opfer (von Ausgrenzung, Diskriminierung, Folter, Vertreibung und Völkermord) als je historische Zumu-tungen darstellen, muss zwingend den Blick auf personale Zusammenhänge öffnen und für unser Seminar von grundlegender Bedeutung sein.
Strafrechtliches, kriminalpolitisches und interdisziplinäres Seminar: Rechtsextremismus: Ein „neuer“ Marsch durch die Institutionen? - Kontinuität und historische Zumutungen.
gemeinsam mit Dr. Karsten Wilke (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, Bielefeld)
!!!!!!! Das Blockseminar findet vom 9.-11. Juni 2014 in Haus Neuland (Bielefeld) statt.
!!!! Entgegen der Ankündigung durch das Dekanat (eKVV-Betreuung bzw. Prüfungsamt) wird in diesem Seminar keine SPB-Hausarbeit angeboten.
Das Seminar richtet sich insbesondere an Studierende des Grundstudiums, die entweder den ‚Kleiner Grundlagenschein‘ oder den ‚Großen Grundlagenschein‘ erwerben möchten; ferner ist es möglich, mit einem Seminarschein abzuschließen. SPB-Hausarbeiten werden nicht angeboten.
Grundsätzliche Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Seminar ist die Bereitschaft, am rechtsstaatlichen demokratischen Diskurs mitzuwirken und das Verbot von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit anzuerkennen. Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Weitere Informationen und persönliche Anmeldung am Lehrstuhl ab 7. Februar 2014 im Sekretariat (U 8 - 239) zu den Öffnungszeiten; eine Eintragung im eKVV für diese Veranstaltung reicht nicht aus.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Rechtswissenschaft mit Abschluss 1. Prüfung (STUDPRO 2012) / Staatsprüfung | (Einschreibung bis WiSe 19/20) | Grundlagenschein kl.; Grundlagenschein gr. | Wahl | 1. 2. 3. 4. 5. 6. | GS und HS |