Die Lehrveranstaltung führt eine interdisziplinäre Veranstaltungsreihe fort, die als Teil des Individuellen Ergänzungsbereichs jedes Wintersemester ein neues Oberthema (wie ‚Entscheiden’, ‚Information’, ‚Zufall’ u.a.) anbietet, das den Wissensgebieten der Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften angehört. Das Seminar beinhaltet die Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte aus den beteiligten Disziplinen und soll eine Übersicht über unterschiedliche Wissensfelder und methodische Zugangsweisen vermitteln. Der interdisziplinäre Dialog soll es ermöglichen, das eigene Fach in den Kontext anderer Disziplinen zu stellen und mit den Augen anderer Fächer zu sehen. Im Wintersemester 2016/17 befassen sich die ‚Integrativen Wissensperspektiven‘ mit dem Thema ‚Information’.
Folgende Disziplinen werden dabei vertreten sein: Biologie, Physik, Kybernetik, Neuroinformatik, Philosophie, Geschichte, Historische Bildwissenschaft sowie Mediensoziologie und Literaturwissenschaft.
Die Physik (Blanchard) wird sich mit Informationstheorien aus Mathematik und Physik befassen. Die rasante Entwicklung der Informationstechnik hat fast alle Bereiche unseres Lebens verändert, aber was versteht man eigentlich unter ‚bemerkenswerter Information‘? Mitteilenswert erscheinen Unterschiede, die einen Unterschied machen, das heißt diejenigen, die von einem ‚seltenen‘ Ereignis berichten. Physiker und Mathematiker haben diesbezüglich verschiedene Begriffe der Informationstheorie entwickelt.
In der Biologie wird ‚Information‘ in vielfältiger Weise untersucht: in der Evolutionsbiologie (Reinhold) wird der Frage nachgegangen, wie ‚Information‘ gleichzeitig konserviert und optimiert werden kann. Die Biologische Kybernetik (Cruse) wir am Beispiel von Honigbienen und Wüstenameisen darstellen, wie die Positionen verschiedener Futterquellen erlernt werden können. Zum Auffinden solchen Futterquelle sowie für die Rückkehr zum Nest verwenden diese Insekten u.a. visuelle und propriozeptive Informationen. Es stellt sich die Frage, ob eine dezentrale Architektur des Nervensystems ausreicht, um die hierfür nötige Informationsverarbeitung zu leisten oder wird, wie oft vermutet, eine ‚kognitive Karte‘ benötigt? Ausgehend von dieser physikalischen Analyse der Umwelt und der in ihr enthaltenen Information erfolgt in Lebewesen eine Umformung und Filterung dieser Umwelt in Form von neuronaler Information. Diese liefert dem Gehirn lediglich einen Bruchteil der Information aus der Umwelt. Welche Filter hier eingesetzt werden, ist ein wesentlicher Inhalt sensorischer Informationsverarbeitung (Engelmann). Die Neuroinformatik (Ritter) befasst sich mit ‚offenen Punkten‘ in der Welt, bei denen Agenten/Akteure (Menschen, Lebewesen, Roboter) sich ‚Informationen‘ für ihr handeln wünschen. Dabei steht die Frage im Vordergrund, welche Aspekte solcher Situationen das Konzept ‚Information‘ unter dem Versuch seiner genaueren Formalisierung erfassen kann. Damit geht die Frage einher, wie sich – mit neuro-informatisch gefärbtem Blick auf Physik und Mathematik - Bedeutung konstituiert und wie deren Transport gelingt.
Philosophisch betrachtet (Schulte) ist der Informationsbegriff besonders für die Erkenntnistheorie und für die Philosophie des Geistes von Bedeutung. Dies soll am Beispiel der Philosophie Fred Dretskes deutlich gemacht werden, der – aufbauend auf dem Informationsbegriff – sowohl eine innovative Wissenskonzeption als auch eine radikal naturalistische Theorie mentaler Repräsentationen entwickelt. In der Geschichtswissenschaft (Siemens) wird das Thema ‚Information‘ in den Kontext der Forschung zur Geschichte der DDR gestellt, die sich in den letzten 25 Jahren zu einem maßgeblichen Teil auf die Auswertung der Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit gestützt hat. Von Anfang an war diese besondere „Informationsquelle“ jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch: Fragen der Entstehung, der Zugänglichkeit sowie des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen, der gegen das Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit abgewogen werden musste, waren von Anfang an stark umkämpft. Zentrale Probleme der Zeitgeschichte werden im Umgang mit überlieferten „Informationen“ – die Historiker sprechen von „Quellen“ – beispielhaft erörtert.Die Historische Bildwissenschaft (Hochkirchen) thematisiert, welche Information durch ein Bild auf welche Weise vermittelt werden kann. Als Zeichen sind Bilder an der Informationsvermittlung beteiligt. Die Semiotik (Charles S. Peirce, Nelson Goodman) hat sich mit der Frage nach der Natur des bildlichen Zeichens und dessen unterschiedlichen Qualitäten beschäftigt. Die Auseinandersetzung mit verschiedenen semiotischen Positionen im Hinblick auf das Bild soll die Spanne verdeutlichen, in der das bildliche Zeichen als Vermittler von Information (Dicizeichen, Peirce) oder als Möglichkeit einer Ableitung von Information begriffen wird. Aus (medien-)soziologischer Perspektive (Sutter) wird der Begriff ‚Information‘ in drei Schritten erörtert: 1. als grundlegender Aspekt von Kommunikation; 2. als Vorstellung der Übertragung von Information, die in Kommunikationsmodellen der Medienforschung zunächst zugrunde gelegt und dann schrittweise überwunden wird; 3. als Aspekt der medialen Vermittlung und Konstruktion von Wirklichkeit: Inwieweit vermitteln Medien in Informations- und Nachrichtensendungen gesellschaftliche Wirklichkeit, und inwieweit sind Medien an der Erzeugung dieser Wirklichkeit beteiligt? Die Literaturwissenschaft (Pawlak) wird sich mit ‚Information‘ in Form von Wissensbeständen in Literatur befassen und dabei beleuchten, wie Literatur als interaktives Speichermedium von (Lebens-)Wissen verstanden werden kann. Im Rahmen des Konzeptes einer ‚lebenswissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft‘ von Ottmar Ette wird gezeigt, wie bestimmte literarische Werke transdisziplinäre Wissensbestände aus den Natur-/Biowissenschaften (u.a. aus Medizin und Biologie) sowie den Geisteswissenschaften (u.a. aus Philosophie und Kulturwissenschaften) enthalten und zugleich zeitgenössisch reflektieren.
Die Lehrveranstaltung wird durch eine zweitägige Konferenz im ZiF zum Ende des Semesters abgeschlossen, deren Vorbereitung und Durchführung von den Studierenden (mit Unterstützung der Lehrenden) geleistet werden soll. Die Teilnehmer der Veranstaltung halten dabei eigene, interdisziplinär angelegte Vorträge zu einem einschlägigen Thema. Diese Tagung findet am 27.2. und 28.2.2017 statt.
Zur Vorbereitung auf die Konferenz werden für die Studierenden in Kooperation mit dem ‚Zentrum für Studium, Lehre und Karriere‘ Präsentations-Workshops angeboten, die jeweils im Anschluss an die Lehrveranstaltung stattfinden (18 Uhr) und speziell dazu dienen die Studierenden auf einen möglichen Vortrag vorzubereiten und allgemein die Vortrags-/Präsentationskompetenz zu stärken. Die genauen Termine werden noch bekannt gegeben.
1. Workshop: Präsentationsskills - Körpersprache, Mimik, Nervosität.
2. Workshop: Präsentationsskills – Medieneinsatz.
3. Workshop: Termine für die Studierenden um einen einmaligen Probevortrag zu halten und professionelles Feedback zu bekommen, u.a. mit Videofeedback-Option.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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23-IndErg-IWP Integrative Wissensperspektiven | Integrative Wissensperspektiven | Studieninformation | |
Integrative Wissensperspektiven: Tagung | unbenotete Prüfungsleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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History, Philosophy and Sociology of Science / Master | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Individueller Ergänzungsber | |||||
Literaturwissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Nebenfach | |||||
Studieren ab 50 |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: