230510 Um 1900: Männlichkeit und Literatur (S) (SoSe 2021)

Um 1900 ist die Geschlechterordnung im deutschen Sprachraum Erschütterungen ausgesetzt, die nicht nur, aber ganz besonders die Männlichkeit betreffen. Diese Erschütterungen hängen mit der ökonomischen Entwicklung zusammen und werden begleitet von einer wissenshistorischen Bewegung, die von der Konstitution des Wissensgegenstandes ‚Homosexualität‘ um 1850 und die Entstehung der Sexualwissenschaft über die Entwicklung der Psychoanalyse um 1900 bis hin zur Affirmation des Männerbundes im Nationalsozialismus reicht.
Anhand einer eingehenden Lektüre von Robert Musils Roman "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" (1906) untersucht das Seminar die Neufassung von Männlichkeit als krisenhaft um 1900 in Wissenschaft und Literatur. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Wechselverhältnis von theoretischem und literarischem Diskurs und der Frage, wie krisenhafte Männlichkeit literarische Form wird. Begleitend werden zeitgenössische Texte aus der Psychoanalyse, Philosophie und Kulturgeschichte gelesen.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Spezifische Vorkenntnisse setze ich nicht voraus, wohl aber die Bereitschaft, sich auf die genaue Untersuchung literarischer Texte und die Lektüre zeitgenössischer theoretischer Texte und deren gemeinsame Diskussion im Seminar einzulassen.

Literaturangaben

Zur Anschaffung empfohlen: Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß. Mit einem Kommentar von Oliver Pfohlmann, Berlin 2013 (= Suhrkamp BasisBibliothek 130).

Walter Erhart: Familienmänner. Über den literarischen Ursprung moderner Männlichkeit, München 2001.
Sebastian Zilles: Die Schulen der Männlichkeit. Männerbünde in Wissenschaft und Literatur um 1900, Köln/Weimar/Wien 2018 (= Literatur – Kultur – Geschlecht 71).