230475 Sprachvariation in der Alltagssprache: Zur Entstehung neuer Varietäten (S) (SoSe 2008)

Entgegen einer in der Laienlinguistik häufig geäußerten Behauptung, ist die gesprochene Spielart des Standarddeutschen - also die im Alltag heute meist gebräuchliche standardnahe Umgangssprache - alles andere als homogen. Zunächst gibt es markante regionale Unterschiede. Diese sind zuvörderst - aber eben nicht nur - darauf zurückzuführen, daß die gesprochenen Varianten des Standarddeutschen in allen Regionen des deutschen Sprachgebietes auf einem dialektalen Substrat beruhen, also im niederdeutschen Raum auf einem niederdeutschen, im mitteldeutschen Raum auf einem mitteldeutschen und innerhalb des oberdeutschen Territoriums auf einem oberdeutschen Substrat basieren.

Quer zum Kriterium des dialektalen Substrats gibt es soziolinguistische Gesichtspunkte, die prägend auf die standardnahe Umgangssprache einwirken. Entscheidend ist nun, dass Sprecher selbst innerhalb des vergleichsweise schmalen Spektrums der Umgangssprache über unterschiedliche Register verfügen, deren Gebrauch stark situationsgesteuert ist. Da auch diese Register Sprachwandlungsprozessen unterworfen sind und neben einer starken Tendenz hin zur Schriftsprache und etlichen regionalen Ausgleichprozessen auch eine - wenngleich schwächer ausgeprägte - Tendenz zur Regionalisierung nachweisbar ist, kann es hier zur Entstehung mehr oder minder stabiler neuer Varietäten kommen.

In Anlehnung eines kürzlich von der DFG bewilligten Projektes zur Sprachvariation in Norddeutschland wird es in dieser Lehrveranstaltung um die im niederdeutschen Sprachgebiet, also nördlich der Lautverschiebungsgrenze zu lokalisierenden Spielarten der des gesprochenen Standarddeutsch gehen. Außerdem sind standardsprachliche Interferenzen im gesprochenen Niederdeutsch zu thematisieren.

Für diese Lehrveranstaltung wird ein Semesterapparat zusammengestellt.