220103 Wissenschafts- und Kulturgeschichte des Zoologischen Gartens (S) (SoSe 2015)

In diesem Seminar soll die Geschichte des Zoologischen Gartens erarbeitet werden, wobei der Bogen von seinen Anfängen bis in die neueste Geschichte gespannt werden wird. Der Blick soll aber insbesondere auf die Verbindungen zwischen signifizierenden Leitideen in der Naturkunde, in der Naturgeschichte, in der Zoologie, in der Tiermedizin und in der Verhaltensforschung mit den zeitentsprechenden Planungs- und Gestaltungskonzepten der Tiergärten gerichtet werden. Das Seminar soll erläutern, welche Veränderungen die verschiedenen Konzepte der Tiergärten von aristokratischer Erbauung hin zu einem populär-wissenschaftlichen Ort der urbanen Massen begleiteten. Es wird verständlich werden, welche Bedeutung der kreisförmigen Anordnung der Tiergehege zukommt, welche Bedeutungsebenen den Sammlungen der exotischen Tiere in einer barocken Menagerie eingeschrieben sind, welchen organisatorischen und epistemischen Wandel die Forschungsreisen kennzeichnen und welcher Geschmackswandel darzustellen ist hinsichtlich der Eigenschaften der Tiersammlungen im Übergang zum bürgerlichen Zoologischen Garten Mitte des 19. Jahrhunderts. Die moralischen wie die naturphilosophischen Imperative des „Natürlichen“ in einem englischen Parksystem werden in Verbindung gebracht mit den Sammlungskonzepten der Gelehrten Gesellschaften im Übergang zwischen einer elitären Beschäftigung und einer Öffnung hin zum Konzept der Erholung und Läuterung der arbeitenden städtischen Bevölkerung Ende des 19. Jahrhunderts. In diesem Seminar soll die Geschichte des „Natürlichen“ verstehbar werden durch die Geschichte der verschiedenen Garten- und Gehege-Systeme, in welcher sich das jeweils geltende Ideal der Tier-Mensch-Beziehung im urbanen Raum ausdrückt. Im Besonderen wird auf die Bedeutung der Verhaltensforschung (Konrad Lorenz, Nicolas Tinbergen, Heini Hediger etc.) für die Planung von umweltgerechten Gehegen eingegangen werden, sodass seit den 1960er Jahren der Geschmack der Öffentlichkeit so beeinflusst wird, dass der Zoo gleichzeitig als Arche Noah wahrgenommen wird, als Ort einer Mission im Dienste der aussterbenden exotischen Tierwelt und der Bedrohung ihrer Herkunftsorte.