220133 Europa in der Historiographie. Theorien – Debatten – Perspektiven (GSH) (SoSe 2023)

Ob als geographischer Raum, als Wirtschafts- und Kulturtransfer, als eine Frage der Zugehörigkeit oder als politische Zukunftsvision – aus unterschiedlichsten Perspektiven weckt ‚Europa‘ von jeher geschichtswissenschaftliches Interesse. So lassen sich entlang dieses Themenkomplexes neben den zahlreichen Bedeutungszuschreibungen auch relevante historiographische Entwicklungen von der Entstehung der geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen bis heute nachzeichnen.
Zugleich sieht sich die Geschichtswissenschaft mit dem ‚postcolonial turn‘ dem Vorwurf einer zu eurozentristischen Perspektive ausgesetzt. Eine fundamentale Kritik, in der aber auch konstruktives Potential liegt. Sie öffnet den Blick u.a. dafür, dass auch wissenschaftliche Studien Gefahr laufen, europäische Kategorien universalistisch auszulegen und somit spezifisch europäische Selbst- und Fremdverständnisse zu spiegeln.
Was bedeutet aber ein eurozentrismuskritisches Bewusstsein für aktuelle Studien, die ‚Europa‘ in das Zentrum ihres Erkenntnisinteresses rücken? In diesem Spannungsverhältnis bewegt sich das Grundseminar Historiographie. Es soll herausstellen und kritisch reflektieren, wie ‚Europa‘ konstruiert und gedeutet wurde. Besondere Aufmerksamkeit gilt darüber hinaus theoretischen wie methodologischen Debatten wie etwa um den postcolonial und global turn. So können auf breiter Basis Chancen und Herausforderungen gegenwärtiger und zukünftiger Europa-Geschichtsschreibung diskutiert werden.

Literaturangaben

Mats Andrén, Thinking Europe. A History of the European Idea since 1800, New York 2022.
Kiran Klaus Patel, Projekt Europa. Eine kritische Geschichte, München 2018.
Wolfgang Schmale, Geschichte Europas, Wien 2001.