Zwischen 1850 und dem Ersten Weltkrieg wächst Bielefeld rasant. Unter den Bedingungen von Industrialisierung und Urbanisierung muss das „System Stadt“ gewissermaßen neu erfunden werden. Neue Problemfelder entstehen: Die Ausdehnung von neuen Wohnvierteln und Industriebetrieben in die ehemalige „Feldmark“ verlangt nicht nur nach einer Neukonzeption der Wasser- und Energieversorgung sowie der Abwasserbeseitigung, sondern auch nach Einrichtungen der Müllentsorgung und Straßenreinigung. Darüber hinaus werden angesichts der zum Teil extremen Luftverschmutzung „natürliche“ Gegengewichte zum industrialisierten Stadtraum wie Parks und Grünflächen immer wichtiger. Somit lassen sich eine ganze Reihe umwelthistorischer Themen am Bielefelder Beispiel aufzeigen und schlaglichtartig diskutieren.
Umweltgeschichte gewinnt ihre Einsichten häufig aus ökonomischen Nutzungskonflikten, ästhetischen Bewertungen sowie aus einem breit gefächerten Quellenmaterial zu den Themen Gesundheit und Stadthygiene. Wenngleich der Terminus „Umwelt“ in den Quellen bis in die 1970er Jahre hinein nicht auftaucht, scheint sich die historische Wahrnehmung von „Umwelt“ auf solche zeitlosen Werte zu konzentrieren, die wie die Sorge um „Lebensfreundlichkeit“ und „Lebenstauglichkeit“ offenbar auch den Kern des aktuellen Umweltbewusstseins ausmachen.
Es ist das Ziel dieses Praktikumsseminars, eine kommentierte Quellensammlung zur Bielefelder Umweltgeschichte zu erarbeiten. Wir stützen uns dabei in der Hauptsache auf Quellen unseres Kooperationspartners, des Stadtarchivs Bielefeld. Die Veranstaltung beinhaltet eine Einführung in die Umweltgeschichte und wird die Studierenden außerdem dazu befähigen, Verwaltungsakten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Kurrent und Sütterlin) im Original zu lesen. Mit der erfolgreichen Teilnahme an dem über zwei Semester laufenden Praktikumsseminar, die über die Ausarbeitung von Sachkommentaren nachgewiesen wird, sind die Leistungsanforderungen für das Modul „Geschichte und Öffentlichkeit“ erfüllt. Eine entsprechende Buchveröffentlichung wird angestrebt.
Joachim Radkau, Umweltfragen in der Bielefelder Industriegeschichte, in: Florian Böllhoff u.a. (Hg.), Industriearchitektur in Bielefeld. Geschichte und Fotografie, Bielefeld 1986, S. 88-97.
Kai F. Hünemörder, Die Frühgeschichte der globalen Umweltkrise und die Formierung der deutschen Umweltpolitik (1950-1973), Stuttgart 2004.
Jens Ivo Engels, Naturpolitik in der Bundesrepublik. Ideenwelt und politische Verhaltensstile in Naturschutz und Umweltbewegung 1950-1980, Paderborn 2006.
Jürgen Büschenfeld, Anmerkungen zur Natur- und Umweltgeschichte, in: Ders. (Hg.) Themenschwerpunkt: Natur- und Umweltgeschichte in Westfalen, Westfälische Forschungen 57, 2007, S. 1-11.
Jürgen Büschenfeld, Themenfelder einer Umweltgeschichte der Stadt – Das Beispiel Bielefeld, in: Ders. (Hg.), Themenschwerpunkt: Natur- und Umweltgeschichte in Westfalen, Westfälische Forschungen 57, 2007, S. 201-228.
Frank Uekötter, Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 81), München 2007.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mi | 14-16 | C01-230 | 14.04.-21.07.2010
nicht am: 19.05.10 |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | Modul 2.3 | Wahlpflicht | 4 | scheinfähig |