300112 Einführung in die Wissenssoziologie (S) (SoSe 2011)

Wissen wird in der alltäglichen Praxis wie in der soziologischen Reflektion eine hohe und zunehmende Bedeutung zugeschrieben. Die moderne Gesellschaft sei eine Wissensgesell-schaft: die eher körperliche und mechanische Industriearbeit werde durch wissensbasierte Tätigkeiten abgelöst. Wissen ist damit nicht nur die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg einer Volkswirtschaft im globalen Wettbewerb, sondern auch jedes Einzelnen im sozialen Gefüge. Wissen gilt aber nicht nur als Grundlage für Erfolg, sondern ebenso als Grundlage und zugleich Gegenstand von Kritik. Bestimmte Wissensinhalte sind nicht nur potentiell un-vollständig – etwa im Sinne von noch nicht bekannten Nebenwirkungen wissenschaftlich-technischer Innovationen. Zudem sind die Grundannahmen solcher Wissensinhalte kontin-gent, wie beispielsweise Schulmedizin, Homöopathie und Traditionelle Chinesiche Medizin als unterschiedliche Paradigmata der Medizin verdeutlichen. Schon Kant bezog sich mit seinem „sapere aude“, seinem Wahlspruch der Aufklärung, auf beides: Wissen zu wagen impliziert Wissen zu erwerben und Wissen auf seine Grundlagen hin zu reflektieren, um so der Unmündigkeit zu entgehen.
Gegenstand der Wissenssoziologie ist vor allem Letzteres, eine Reflektion auf die soziale Kontingenz, die sozialen Entstehungsbedingungen und das soziale Geprägtsein von Wissen. In dieses breite und vielfältige Forschungsfeld wird in zwei Schritten eingeführt. Im ersten Schritt gilt es, die Kernfragen der Wissenssoziologie anhand ihrer Klassiker zu erschließen und einen Überblick über Weiterentwicklungen des Faches zu erarbeiten. Daran anschließend dient das Beispiel der Privatisierung geistigen Eigentums dazu, aktuelle Verschiebungen und die Bedeutung von Wissenkonzeptionen für praktische Zusammenhänge zu diskutieren.

Literaturangaben

Maasen, Sabine (2009): Wissenssoziologie. Bielefeld: transcript.
Knoblauch, Hubert (2005): Wissenssoziologie. Konstanz: UVK.