Von 73 bis 71 v.Chr. ereignete sich Unerhörtes: Rom, seit Jahrzehnten ohne äußeren Gegner, wurde in seinem Kernland Italien herausgefordert von einer Schar von Aufständischen, die in der damaligen Zeit nicht einmal als Menschen galten: Spartacus und seine zunächst noch kleine Schar von Gladiatoren vermochten in kurzer Zeit Zehntausende um sich zu scharen; sie plünderten die Landgüter der Reichen und fügten Aufgeboten unter dem Kommando von römischen Imperiumträgern Niederlagen zu, die ebenso verheerend wie demütigend waren.
Der Na¬mengeber des Aufstandes, der thrakische Gladiator Spartacus, ist zweifellos bis heute die prominenteste Figur im Kontext der antiken Sklaverei. Die Grundlagen für die Spartakus-Rezeption legte schon die an¬tike Überlieferung. Zwar galt der Aufstand der Gladiatoren und Sklaven, der wenige Jahre nach der Dictatur Sullas von Capua in Kampanien ausging und zeitweise ganz Italien erschütterte, den antiken Autoren als Anschlag auf die gesellschaftliche Ordnung und sozusagen krimineller Akt, der ganz zu Recht mit der Kreuzigung Tausender gefangener Sklaven endete. Cicero beschwor Spartacus noch dreißig Jahre später, um M. Antonius einen Räuber und Verbrecher zu nennen, einen neuen Spartacus, schlimmer als Catilina. Und der Dichter Horaz reihte ihn wenig später in eine lange Reihe von Heimsuchungen zus. mit den Germanen und Hannibal ein (epode 16). Zu¬gleich aber zollte man dem Individuum Spartacus im Banne des antiken Ideals des tapferen und tugendhaften Feldherrn durchaus Respekt. So bewunderte Plutarch den Mut des Spartacus, die weitsichtige Warnung vor Raubzügen und die Kriegskunst. Man konnte ihn in einem Atemzug mit Hannibal nennen, dem es nach der Schlacht bei Cannae ja auch gelungen war, Italien in Auf¬ruhr zu bringen.
Im Seminar werden zunächst drei Hintergründe auszuleuchten sein: 1.) die antike Sklaverei als Phänomen, besonders ihre Transformation im 2. und 1. Jahrhundert in Italien; 2.) das politische System der (späten) römischen Republik, das am Ende zwar den Aufstand relativ leicht niederzuwerfen vermochte, vorher jedoch mehrfach ‚versagte‘, auch wegen der Rivalitäten innerhalb der Aristokratie; 3.) die früheren Sklavenaufstände in Unteritalien und Sizilien. Dann wird es um den Vordergrund gehen, in Form einer detaillierten Rekonstruktion der Ereignisse. Der Vorteil bei diesem Thema liegt darin, dass die einschlägigen historischen Materialien (‚Quellen‘) überschaubar sind; so können Studenten rasch auf den gleichen Kenntnisstand kommen, wie ihn Experten haben. Dabei werden natürlich auch die Eigenarten der antiken Geschichtsschreibung zu besprechen sein.
Äußerst reichhaltig präsentiert sich die Wirkungsgeschichte des Spartakusaufstandes, besonders auf der intellektuellen und politischen Linken. Für Karl Marx war er der „famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat“, ein „großer General, nobler Charakter, real representative des antiken Proletariats“ (an Engels, 27.2.1861, MEW 30, 160). Der Sklavenführer stand auch Pate für den von Karl Lieb¬knecht und Rosa Luxemburg im Jahre 1916 gegründeten, äußerst linken Spartakusbund. Der Schriftsteller Arthur Koestler publi¬zierte als politischer Exilant im Jahre 1939 den antirevolutionären Roman The Gladiators; der Regisseur Stanley Kubrick verfilmte den Spartacus-Aufstand 1959/60 mit Kirk Douglas in der Titelrolle, wobei Spartacus gegenüber der durch Crassus repräsentierten, verdorbenen römischen Elite als nobler Charakter erscheint. Später wurde Spartacus gar zu einem Helden der Schwulen¬bewegung; es gab einen Reiseführer unter diesem Namen. In die exploitation führte schließlich der TV-Mehrteiler Spartacus. Blood and Sands, der den historischen Stoff zum Anlass nahm, stahlharte Männerkörper, schwülen Sex und exzessive Gewalt zur Schau zu stellen.
Achtung: Das Seminar und die gleichnamige Historische Orientierung 220119 bilden einen vierstündigen Block und müssen beide zusammen besucht werden! Aufgrund des Aufbaus des Modulblocks wird es für Studierende, die nur eine der beiden Veranstaltungen besuchen, nahezu unmöglich sein, dem Fortschreiten im Stoff und im Kompetenzerwerb zu folgen. Auf Fragen und Probleme, die sich aus dem Versäumen von einzelnen Sitzungen oder einer ganzen Hälfte des Moduls ergeben, wird keinerlei Rücksicht genommen werden können
Erfolgreich abgeschlossenes Grundmodul Antike. Sehr erwünscht sind fundierte Überblickskenntnisse zur Geschichte der römischen Republik.
Antonio Guarino, Spartakus. Analyse eines Mythos. München 1980; Kai Brodersen, Ich bin Spartacus. Aufstand der Sklaven gegen Rom. Darmstadt 2010; Barry Strauss, The Spartacus War. New York u.a. 2009; Aldo Schiavone, Spartacus. Cambridge (MA)/London 2013
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period | |
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weekly | Mo | 14-16 | C5-141 | 08.04.-19.07.2024
not on: 5/20/24 |
Module | Course | Requirements | |
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22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.2 |
Historische Orientierung | Student information | |
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.1.2 |
Historische Orientierung | Student information |
The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
Im Seminar: Präsentation mit Quellenpapier/Tischvorlage; schriftliche Hausarbeit im Umfang von 40.000-50.000 Zeichen (= 20-25 Seiten); s. Modulhandbuch.
In der Historischen Orientierung: Zwei Studienleistungen, darunter die Erarbeitung eines wissenschaftlichen Aufsatzes mit Tischvorlage.