Akademische Tätigkeiten
Seit Mai 2021:
Promotion und wissenschaftliche Mitarbeit im Graduiertenkolleg Geschlecht als Erfahrung, Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung, Universität Bielefeld
2016-2021:
M.A.-Studium in Gender Studies, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Thema der Masterarbeit: „Durch die Augen Anderer: Schamgefühle und ihre Transformation – Eine ethnografische Studie im Kontext von Vulva-Erkundungs-Workshops“
2014-2015:
Studienaufenthalt und Studium des Fachs Estudis de dones, gènere i ciutadania (Frauen-, Geschlechterstudien und Staatsbürger*innenschaft) an der Universitat de Barcelona
2012-2016:
B.A.-Studium in Liberal Arts and Sciences (Spezialisierungslinie: Kultur und Geschichte), University College Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Promotionsprojekt:
Verflüssigungen von Geschlecht und Sex(ualität) im Erleben von Squirting und anderen Genitalflüssigkeiten
Um das vergeschlechtlichte Erleben von Genitalflüssigkeiten im Kontext der hegemonialen Geschlechterordnung zu beforschen, habe ich im Rahmen meiner Dissertation narrative, erlebensbezogene Interviews mit trans*, nicht-binären, inter* und agender Personen sowie queeren und heterosexuellen cis Frauen geführt und diese zu ihren konkreten Erfahrungen mit ihren Genitalflüssigkeiten, insbesondere zur Praktik des „Squirting“, befragt. Die mir vorliegenden Interviews sind Zeugnis der – von den Gender Studies längst konstatierten – Wandelbarkeit von Geschlecht und dessen Verstrickung mit Sex(ualität). Meine Interviewpartner*innen erzählen u.a. davon, wie (für sie neue) sexuelle Praktiken, die Squirt- und andere Genitalflüssigkeiten involvieren, ihr Geschlechtsempfinden, ihren Körperbezug und teilweise ihre sexuelle Orientierung verändern. Andersrum kann ein sich wandelndes Geschlechtsempfinden im Laufe einer Biografie oder Lebensphase, so zeigen die Erzählungen, neue, zuvor nicht gelebte (sexuelle) Körperpraktiken hervorbringen.
Ausgehend vom Selbstverständnis der von mir interviewten Individuen, denke ich sowohl Squirting als auch andere körperliche Praktiken mit Genitalflüssigkeiten als Phänomene, die an der Herstellung von Geschlecht – im Sinne von doing gender – , insbesondere an der Herstellung von nicht-hegemonialen geschlechtlichen Existenzweisen beteiligt sind. Dabei nehme ich nicht nur die geschlechtlichen und sexuellen Selbstverhältnisse, die im ständigen Wandel und Werden begriffen sind, unter eine heteronormativitätskritische Lupe, sondern auch eben jene Verwobenheit von Geschlecht und Sex(ualität) als Machtinstrumente gesellschaftlicher Ordnung. Welche Rolle spielen Genitalflüssigkeiten für geschlechtliche und sexuelle Selbstverhältnisse? Unter welchen Sinnhorizonten und Bedeutungszusammenhängen können Genitalflüssigkeiten in den Fokus des subjektiven Erlebens geraten? Welche Entstehungsbedingungen liegen der Körperpraktik des Squirting zugrunde, genauer, welche historischen und gesellschaftlichen Zustände ermöglichen, verunmöglichen und verändern diese Körperpraktik und was hat sie mit Geschlecht zu tun? Wie wirken sich normative Vorstellungen von Geschlecht und Sex(ualität) sowie medizinisches Un-/Wissen auf das körperliche Erleben von Squirting und anderen Genitalflüssigkeiten aus?
Thema des Promotionsprojekts:
Verkörperungen und Materialisierungen von Geschlecht am Beispiel ejakulierender Vulven – Eine ethnografische Erforschung eines körperlich-leiblichen Phänomens
Der Begriff „squirting“ bezeichnet die Flüssigkeitsexpulsion aus der Vulva, zumeist ihrer Harnröhre, bei Stimulation oder Erregung. Die ejakulierte Flüssigkeit wird vor allem in den Paraurethraldrüsen gebildet und unterscheidet sich quantitativ und in ihrer bio-chemischen Beschaffenheit von Lubrikationsflüssigkeiten und Urin (vgl. Wimpissinger 2007; Zaviacic 2002). Über dieses Phänomen ejakulierender Vulven wissen – trotz medizinischer Forschungslücken – mittlerweile immer mehr Menschen Bescheid. Dennoch können Schamgefühle im eigenen Erleben solcher Ejakulationen und im Sprechen darüber nach wie vor eine große Rolle spielen (vgl. zur Nieden 1994).
Wie genau wirken sich Schamgefühle und medizinisches Nicht-/Wissen auf das eigene Erleben von solchen Ejakulationen aus? Wie hängt das Nicht-/Ejakulieren mit der eigenen und gesellschaftlichen Vorstellung vom binären Geschlechtskörper (vgl. Butler 1990, 1993) zusammen bzw. damit, was es bedeutet als ein bestimmtes Geschlecht zu einer gewissen historischen Zeit zu existieren (vgl. Maihofer 1995)? Und inwiefern trägt das hegemoniale binäre Geschlechterverständnis dazu bei, dass Vulven in (ver)westlich(t)en Gesellschaften weniger ejakulieren als vielmehr injakulieren? (Beim Injakulieren – auch als retrograde (d.h. rückwärtsläufige) Ejakulation bezeichnet – wird das Ejakulat zwar von den Paraurethraldrüsen produziert, aber nicht nach außen abgegeben, sondern über die Harnröhre in die Blase geleitet (vgl. Cabello 1997; Gilliand 2009).)
Mit diesen Forschungsfragen und einem geschlechtstheoretischen sowie erlebensbezogenen Ansatz wird das Phänomen in-/und ejakulierender Vulven empirisch untersucht. Methodisch wird die ethnografische Herangehensweise begleitet durch erlebensbezogene Interviews (nach König/Jäger 2017). Gleichzeitig will das Dissertationsprojekt bio-medizinisches, gesundheitswissenschaftliches und (frauen)heilkundiges Wissen zu Rate ziehen und mit naturwissenschaftlichen Diskursen und (Labor-)Forschungen in Dialog treten. Das Anliegen des Projekts ist es, zu einem fundierteren Verständnis der gesellschaftlichen, historischen und materiellen Komplexität dieser Phänomene beizutragen und dabei die geschlechtlichen Aspekte des körperlich-leiblichen Erlebens von In-/ und Ejakulationen zu durchleuchten.