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Abt. Geschichtswissenschaft

24.11.2017 Workshop: ‚Vom Nutzen der ‚unsicheren Geschichte‘ in der ‚postfaktischen Gesellschaft‘

Veröffentlicht am 20. Oktober 2017, 06:03 Uhr

24.11.2017 | 11-16:30 Uhr | X-A2-103

Das Stichwort von der ‚postfaktischen Gesellschaft’ ist im Zusammenhang mit der US-amerikanischen Präsidentenwahl als Defizitanzeige aufgetaucht, und appelliert daran, auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Werden nicht eine Geschichtswissenschaft, eine Geschichtstheorie und eine Geschichtsdidaktik, die ihren Gegenstand konstruktivistisch immer wieder bestimmen, durch einen solchen Neo-Realismus ad absurdum geführt? Geschichte als eine narrative Konstruktion vergangener Wirklichkeit im Sinne Hans-Jürgen Goertz‘ zu bezeichnen, ist auf den ersten Blick eine postfaktische Position. Was aber heißt überhaupt ‚postfaktisch‘ in diesem Zusammenhang? Geht dieses Attribut stets mit Beliebigkeit Hand in Hand? Dies würde ja bedeuten, lügnerischer Geschichtspropaganda hilflos ausgeliefert zu sein. Wird dann in letzter Konsequenz die wissenschaftlich institutionalisierte Historiographie obsolet, weil jeder Einzelne solipsistisch erzählt beziehungsweise, was Gruppen angeht, Sirenengesang oder Machtvollkommenheit entscheiden, welche Geschichte zählt. Gibt es Regeln der Triftigkeit, die Anspruch auf allgemeine Verbindlichkeit erheben können, ohne damit zum Positivismus zurückkehren zu müssen? Welche Rolle spielen die Quellen, auf die sich historische Forschung bezieht? Können sie als Maßstab dienen, die Qualität einer Geschichte zu bestimmen? Gibt es so etwas wie eine Balance zwischen der Sinnvorgabe der Überlieferung und der Sinnzugabe desjenigen, der sich aus seiner Zeit heraus mit Vergangenem beschäftigt, um Antwort auf aktuelle Fragen zu finden? Ist die Narration dazu der richtige Weg oder gehört sie per se zum Reich der Fiktionalität, sodass sich Geschichte anders performieren müsste? Kann die Chronologie als objektive Grundlage dienen? Stiftet sie Sinn oder hat sie nur dienende Funktion? In wieweit beherrscht die Selbstreferentialität des Menschen historische Sinnbildung? Welche Rolle spielt seine gesellschaftliche Rahmung, die ja historisch geworden ist? Ist der gesellschaftliche Diskurs die Voraussetzung dafür, dass Geschichten in eine gemeinsame Handlungslogik münden, die historisch begründet ist? Braucht Verständigung Konventionen? Ist sie überhaupt möglich oder muss von antagonistischen Widersprüchen ausgegangen werden?  

Thesenpapier Prof. Dr. Achim Landwehr (Düsseldorf)

Thesenpapier Prof. Dr. Thomas Sandkühler (Berlin)

Thesenpapier Prof.'in Dr. Doris Gerber (Bayreuth)

Thesenpapier Prof. Dr. Dr. h.c. Jörn Rüsen (Essen)

 Flyer der Veranstaltung 

Gesendet von Ingo Pätzold in zthf-veranstaltungen
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