220068 Das verkaufte Wort. Geschichte des Journalismus in Deutschland und den USA im 19. und 20. Jahrhundert (S) (SoSe 2007)

"Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien." Niklas Luhmanns überspitzte These steht stellvertretend für eine gewandelte Perspektive: Auch Historiker fragen heute nicht mehr nach "Verzerrungen" durch die Massenmedien, sondern untersuchen ihre Eigenlogik sowie die Anschlussfähigkeit massenmedial generierten Wissens für politische oder andere gesellschaftliche Diskurse. Das Seminar trägt diesem Verständnis Rechnung, indem es die Geschichte der Massenmedien (Zeitung, Radio, Fernsehen, Internet) in den USA und Deutschland weder als technische Fortschrittsgeschichte noch als kulturkritische Verfallsgeschichte beschreibt. Die Massenmedien werden im Gegenteil als handelnde Akteure Ernst genommen, die unabhängig vom "Wahrheitsgehalt" ihrer Inhalte Sinn erzeugen. Im Seminar soll nach der Bedeutung von Innovationen, Skandalen und politischen Debatten für die Geschichte der modernen (Massen-)Gesellschaft gefragt werden. Mögliche Themen sind beispielsweise die Inszenierung und Kommentierung politischer Ereignisse, die sich wandelnde Kriegsberichterstattung, die Soap-Opera und die Gerichtsberichterstattung, deren sinnstiftende Bedeutung für die moderne Gesellschaft in transatlantischer Perspektive aufgezeigt werden soll. Von den Teilnehmern wird nachhaltiges Interesse am Thema, eine aktive Beteiligung und die Übernahme eines Referates erwartet.

Literaturangaben

Niklas Luhmann, Die Realität der Massenmedien. Wiesbaden 1996; Jörg Requate, Journalismus als Beruf. Entstehung und Entwicklung des Journalistenberufs im 19. Jahrhundert. Deutschland im internationalen Vergleich, Göttingen 1995; Clemens Zimmermann (Hg.), Politischer Journalismus, Öffentlichkeiten und Medien im 19. und 20. Jahrhundert, Ostfildern 2006.