Das zentrale Ziel des Seminars ist es, Ihnen als Studierenden zum Einen eine Einführung in die methodologischen und forschungsmethodischen Grundlagen der Sequenzanalyse anhand der Objektiven Hermeneutik von Ulrich Oevermann zu geben. Zum Anderen werden an konkreten Anwendungsbeispielen die dazugehörigen Techniken der Auswertung von Texten vermittelt. Bei den Texten handelt es sich um ausgewählte Passagen aus leitfadengestützten qualitativen Interviews, aus Gruppendiskussionen und aus Gesprächen. Die Sequenzanalyse folgt aufgrund der Beschaffenheit der hier vorliegenden Erhebungsdaten exakt der zeitlichen Abfolge des Geschehens beim Interview, bei der Diskussion oder beim Gespräch. Es wird also beispielsweise in kleinen Analyseschritten der Prozess der Gestaltung von Interaktionen zwischen den TeilnehmerInnen der Gruppendiskussion untereinander bzw. die daraus entstehenden Textproduktionen rekonstruiert. Dabei werden einzelne transkribierte Sprecheinheiten (z.B. Wörter, Satzteile, ganze Sätze der abgelaufenen Diskussion zu einem vorgegebenen Thema) Zug um Zug interpretiert. Dieses Vorgehen verhindert, dass einzelne Aussagen willkürlich aus ihrem Kontext heraus gerissen werden und ihnen auf dieser Grundlage ein anderer Sinngehalt zugewiesen wird. Die von den AuswerterInnen produzierten Deutungen einer Textpassage nennt man "Lesarten".
Welche der jeweils sukzessive produzierten Lesarten angemessen sind und welche falsifiziert werden müssen, wird im Lichte der darauf folgenden Diskussionsbeiträge der TeilnehmerInnen entschieden, so dass sich schließlich am Ende der ausgewählten Textsequenz bzw. des dazugehörigen Interpretationsprozesses aus den dann verbleibenden Lesarten eine Hypothese über die "Botschaft" bzw. den Sinn formulieren lässt, welcher der Passage aus der Gruppendiskussion oder aus dem Interview oder aus dem Gespräch zugrunde liegt.
Das Erkenntnisziel der Auswertung besteht also darin, die verinnerlichten regelhaften soziokulturellen Muster der Akteure - z.B. der TeilnehmerInnen einer Gruppendiskussion - aus ihren Beiträgen zu einem Thema zu rekonstruieren.
Diese aufgedeckten Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungsmuster werden auch als latente Sinnstrukturen bezeichnet, weil sie durch Sozialisationsprozesse derart tief verankert sind, dass sie gleichsam "hinter dem Rücken der Akteure" wirken, d.h. ohne das sie den miteinander kommunizierenden Personen in ihrem alltäglichen Handeln intentional bewusst sind.
a) Master of Arts: Voraussetzung ist die Zulassung zum Master of Arts Erziehungswissenschaft
b) DSE-Studium: Vordiplom
Garz, D./Kraimer, K. (1994) (Hrsg.:). Die Welt als Text. Theorie, Kritik und Praxis der objektiven Hermeneutik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Oevermann, Ulrich (2000): Die Methode der Fallrekonstruktion in der Grundlagenforschung sowie der klinischen und pädagogischen Praxis. In: Kraimer, K. (Hrsg.): die Fallrekonstruktion. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 58-153.
Przyborski, Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika (2014): Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch. 4. Aufl. München: Oldenbourg, darin: Kap. 5.3: Objektive Hermeneutik, S. 246-277.
Reichertz, Jo (1997): Objektive Hermeneutik. In: Hitzler, R./Honer, A. (Hrsg.): Sozialwissenschaftliche Hermeneutik. Eine Einführung. Opladen: Leske + Budrich, S. 31-56.
Wernet, Andreas (2009): Einführung in die Interpretationstechnik der Objektiven Hermeneutik. 3. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-ME3 Forschungsprojekt | E2: Angewandte Forschungsmethoden der quantitativen/ qualitativen Sozialforschung | Studienleistung
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Studieninformation |
25-ME3-IT Forschungsprojekt | E2: Angewandte Forschungsmethoden der quantitativen/ qualitativen Sozialforschung | Studienleistung
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Studieninformation |
25-MEW14 Forschungsmethoden II | E2: Komplexe qualitative Verfahren sowie ihre Anwendung und Reflexion | Studienleistung
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Studieninformation |
30-MeWi-HM4 Methoden der Medienforschung | Lehrveranstaltung I | benotete Prüfungsleistung
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Studieninformation |
Lehrveranstaltung II | Studienleistung
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Studieninformation | |
Lehrveranstaltung III | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Medienwissenschaft, interdisziplinäre / Master | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Hauptmodul 5 | Wahlpflicht | 3 | |||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.3.4 | scheinfähig |
a) Aktive Teilnahme:
Schriftliche Ausarbeitung in Form einer gemeinsam erstellten Gruppenarbeit von jeweils drei Studierenden, die ein Interpretationsteam bilden: Wahlweise sequenzanalytische Interpretation einer Passage aus einer Gruppendiskussion oder aus einem Interview oder aus einem Gespräch und ihre Verdichtung zu einer Hypothese über diejenige latente Sinnstruktur, die der ausgewählten Textpassage zugrunde liegt, und zwar in einem Gesamtumfang von ca. 15 Seiten (pro Studierendem wird ein Interpretationsoutput (dazu zählen auch die produzierten Lesarten) von ca. 5 Seiten veranschlagt, der in die gemeinsame Hausarbeit eingeht).
b) DSE-Studium: Vergabe eines Leistungsnachweises ("Scheines"): s.o. unter
'aktive Teilnahme' (a)
c) Modulprüfung (benotete/unbenotete Einzelleistung):
Schriftliche Ausarbeitung im Umfang von ca. 10 Seiten: Sequenzanalytische Interpretation einer Passage aus einer Gruppendiskussion oder aus einem Interview oder aus einem Gespräch und ihre Verdichtung zu einer Hypothese über eine latente Sinnstruktur sowie deren Einbettung in einen entsprechenden theoretischen Zusammenhang aus den Sozial-/Erziehungswissenschaften.