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Doktoranden entwickeln sanfte Anti-Tumor-Arzneien

Veröffentlicht am 16. Februar 2015, 10:13 Uhr

Universität Bielefeld koordiniert europaweites Ausbildungsnetzwerk

Medikamente, die Krebszellen zielgenau ansteuern und ihren Wirkstoff dort abgeben, ohne gesunde Zellen zu schädigen – daran werden die Doktorandinnen und Doktoranden des Netzwerks „Magicbullet“ (Zauberkugel) ab Mitte 2015 arbeiten. Die Universität Bielefeld koordiniert das Programm zur Entwicklung „sanfter“ Krebsmedikamente, die Europäische Union finanziert es mit rund vier Millionen Euro.

Der Chemiker Prof. Dr. Norbert Sewald forscht zu Anti-Tumor-Medikamenten, die ohne Nebenwirkungen funktionieren sollen. Er koordiniert das neue internationale Doktoranden-Netzwerk. Foto: Universität Bielefeld
Der Chemiker Prof. Dr. Norbert Sewald forscht zu Anti-Tumor-Medikamenten, die ohne Nebenwirkungen funktionieren sollen. Er koordiniert das neue internationale Doktoranden-Netzwerk. Foto: Universität Bielefeld
Bis 2018 forschen in dem Netzwerk 15 Doktorandinnen und Doktoranden aus Chemie, Biologie und Biomedizin. Sechs Universitäten, ein Forschungsinstitut und zwei Unternehmen in Deutschland, Italien, Finnland und Ungarn bilden die Doktoranden in einem gemeinsamen Netzwerk aus und werden dabei unterstützt von weiteren drei Firmen und zwei Forschungsinstituten.

Bisherige Krebstherapien gehen meist mit schwerwiegenden Nebenwirkungen einher. „Der Grund ist, dass Wirkstoffe eingesetzt werden, die die Krebszellen vergiften und so zerstören sollen. Diese Wirkstoffe schädigen auch gesunde Zellen“, sagt Professor Dr. Norbert Sewald. Er ist der Koordinator des neuen Programms, einem Marie Skłodowska-Curie European Training Network (Europäisches Ausbildungsnetzwerk für den wissenschaftlichen Nachwuchs).

Für die Entwicklung der zielgenauen, schonenden Krebsmedikamente verknüpfen die Forscher von „Magicbullet“ den giftigen Wirkstoff mit einem Peptid (einem kleinen Eiweißmolekül). Dieser Träger erkennt Moleküle, die typisch sind für Tumorzellen, verbindet sich mit ihnen und gibt den Wirkstoff ab. „Die Anti-Tumor-Wirkstoffe haben so gewissermaßen einen Adressaufkleber, der mitteilt, an welche Zellen sie ausgeliefert werden sollen“, sagt Sewald. Solche neuen Medikamente könnten die frühe Vision des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich (1854-1915) erfüllen, der den Begriff „Zauberkugeln“ für solch treffsichere Wirkstoffe prägte, so der Chemiker.

„In den USA sind schon erste Medikamente auf dem Markt, die sich dieses Prinzip zunutze machen“, erklärt Sewald. „Diese enthalten aber Antikörper, also große Eiweißmoleküle, die mittels Biotechnologie hergestellt und aufwändig gereinigt werden müssen und deswegen sehr teuer sind. Wir wollen hingegen kleine Eiweißmoleküle, die Peptide, als Wirkstofftransporter entwickeln. Sie haben den Vorteil, dass sie mit chemischen Verfahren einfacher und schneller herzustellen sind als die Antikörper.“ So lassen sie sich in der Herstellung leichter von störenden Fremdsubstanzen reinigen. „Peptide können eine hohe Ladung an Wirkstoffen aufnehmen und Gewebe leicht durchdringen. Das macht sie so besonders“, sagt Sewald. Peptide sind etwa einhundertmal kleiner als Antikörper. Für Sewald ist zudem wichtig, dass sie sich leicht in hochreiner Form produzieren lassen. In dem neuen Programm geht es um Grundlagenforschung. „Unsere Medikamente werden Prototypen sein. Wir schaffen aber die wissenschaftliche Basis für Anti-Tumor-Arzneien, die vielleicht in zehn bis zwanzig Jahren auf den Markt kommen könnten“, erklärt Sewald.

Die Forscher wollen giftige Wirkstoffe wie das Antitumormittel Cryptophycin so „verpacken“, dass sie nur noch Krebszellen ansteuern. Die Grafik zeigt, wie Cryptophycin an ein Eiweißmolekül bindet, wie es auch in Krebszellen vorkommt, und so deren Wachstum verhindert. Abbildung: Universität Bielefeld
Die Forscher wollen giftige Wirkstoffe wie das Antitumormittel Cryptophycin so „verpacken“, dass sie nur noch Krebszellen ansteuern. Die Grafik zeigt, wie Cryptophycin an ein Eiweißmolekül bindet, wie es auch in Krebszellen vorkommt, und so deren Wachstum verhindert. Abbildung: Universität Bielefeld
Zwei Doktoranden des Magicbullet-Netzwerks werden in der Arbeitsgruppe von Professor Sewald forschen, die weiteren Forscherinnen und Forscher verteilen sich auf die Projektpartner: Universität Köln, Universität Mailand (Italien), Universität Insubria (Como, Italien), Universität Helsinki (Finnland), Eötvös Loránd Universität Budapest (Ungarn), Nationales Institut für Krebsforschung, Budapest (Ungarn) und die beiden Pharmaunternehmen Heidelberg Pharma in Ladenburg und Exiris in Rom (Italien).

Die Doktorandinnen und Doktoranden werden sich regelmäßig treffen und sich über ihre Forschungsprojekte austauschen. Eine internationale Auftaktkonferenz wird vom 21. bis 23. September im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ausgerichtet, als Teil der Reihe „CeBiTec Research Conference“. Während der dreijährigen Laufzeit erhalten die Doktoranden zudem interdisziplinäre Weiterbildung, um sich mit den Ergebnissen und Arbeitsmethoden ihrer Kolleginnen und Kollegen vertraut zu machen. Alle beteiligten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler forschen zudem bis zu neun Monate in einer der Partnereinrichtungen. Das kann auch bei einer der assoziierten Organisationen von Magicbullet sein – der Bayer Pharma AG in Wuppertal, dem Optical Imaging Center in Erlangen, dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin in Hannover, dem Pharma-Unternehmen IRBM in Rom (Italien) und Kineto in Budapest (Ungarn).

Magicbullet wird gefördert im Rahmen von „ Horizont 2020“, dem Rahmenprogramm für exzellente Forschung und Innovation der Europäischen Union.

Weitere Informationen im Internet:
www.magicbullet.de

Kontakt:
Prof. Dr. Norbert Sewald, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie
Telefon: 0521 106-2051
E-Mail: norbert.sewald@uni-bielefeld.de
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