Das „Wundermaterial“ Graphen anwendungsreif machen
Graphen ist ein Material, das aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen besteht, die in einem Gitter aus sechseckigen „Honigwaben“ angeordnet ist. Graphen ist gleichzeitig das dünnste und das stärkste Material, das je von Menschen hergestellt wurde. Der Nobelpreis für Physik wurde 2010 an die Physiker Andre Geim und Konstantin Novoselov (Universität Manchester) für ihre Grundlagenforschung an Graphen verliehen. Auch an der Universität Bielefeld forschen die Physiker Prof. Dr. Armin Gölzhäuser und Dr. Andrey Turchanin intensiv an dem vielversprechenden Nanomaterial mit besonderen elektronischen Eigenschaften. Sie werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Noch gibt es keine Produkte, die Graphen enthalten, aber Graphen ermöglicht es, schnelle Transistoren (mehr als 100 Gigahertz) zu entwickeln, die viel schneller wären, als die bisher in Computerchips verwendeten Silizium-Transistoren. Graphen hat damit ein enormes wirtschaftliches Potenzial. In Zukunft könnten Graphen-basierte Produkte millionenfach in Computern, Solarzellen oder Displays eingesetzt werden.
In Bielefeld hat die Zukunft dazu schon begonnen: Armin Gölzhäuser und
Andrey Turchanin gehen die ersten Schritte von der Grundlagenforschung
in die Anwendung. Ihr Ziel ist es, Graphen für die Massenproduktion fit
zu machen. Sie haben physikalisch-chemische Verfahren entwickelt, um
Graphen aus organischen Molekülen herzustellen. Dazu bringen sie sehr
dün-ne Lagen von Molekülen auf Metalloberflächen auf. Durch eine
Bestrahlung mit Elektronen werden die einzelnen Moleküle zu einer
geschlossenen Schicht verbunden, die sich bei Erhitzen unter
Luftabschluss in Graphen umwandelt.
Turchanin und Gölzhäuser
möchten diese sehr einfache Herstellungsmethode nutzen, um große Mengen
an Graphen, zum Beispiel für elektronische Bauteile herzustellen. So
könnte Graphen statt den heute verwendeten Indium-basierten Materialien
Flüssigkristallanzeigen (LCDs) revolutionieren, die in
Flachbildschirmen, Monitoren und Handys verwendet werden. Dies ist
besonders wichtig, da die weltweiten Indium-Vorräte nur noch wenige
Jahre reichen. Für diese Forschung wurden Turchanin und Gölzhäuser jetzt
von der DFG und dem BMBF insgesamt circa 1 Mio. Euro bereitgestellt.
In
interdisziplinären Projekten arbeiten Physiker, Chemiker,
Materialwissenschaftler und Ingenieure zum Thema „Graphen“.
Partnerinstitute der Bielefelder Wissenschaftler sind die
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (Braunschweig), das
Max-Planck-Institut für Polymerforschung (Mainz), die RWTH Aachen und die
Humboldt-Universität zu Berlin. Diese Verbünde werden von Bielefeld aus
koordiniert. Durch ihre gute Ausstattung, wie zum Beispiel das neue
Helium-Ionen-Mikroskop, bietet die Universität Bielefeld eine einmalige
Forschungsinfrastruktur zur Erforschung des Wundermaterials Graphen. Der
Forschungsprorektor der Universität Bielefeld Prof. Dr. Martin Egelhaaf
betonte in diesem Zusammenhang: „Die Nanowissenschaften gehören zu den
Profilbereichen, in die die Universität in den letzten Jahren gezielt
investiert hat. Die Forschung an Graphen ist überdies ein schönes und
sehr zukunftsträchtiges Beispiel für die anwendungsorientierte
Verbundforschung.“
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