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Das Liebeslied der Heuschrecke (Nr.188/2012)

Veröffentlicht am 14. November 2012, 10:19 Uhr
Bielefelder Studie zu Heuschreckenzirpen und Verkehrslärm in einem Journal der „British Ecological Society“

Ihr Zirpen ist eines der typischen Geräusche des Sommers. Monoton wirkt es jedoch nur für ungeübte Ohren. Um bei Verkehrslärm den Kontakt zu ihren Artgenossen zu halten, ändern Heuschrecken ihren „Gesang“. Das haben Bielefelder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um die Evolutionsbiologin Ulrike Lampe herausgefunden. Ihre Ergebnisse erscheinen am Mittwoch, dem 14. November in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Functional Ecology“, einem Journal der „British Ecological Society“.


Leben Heuschrecken wie dieser männliche Nachtigall-Grashüpfer an vielbefahrenen Straßen, ändern sie ihr Zirpen, damit die Weibchen sie trotz des Lärms hören. Das haben Wissenschaftler um die Evolutionsbiologin Ulrike Lampe von der Universität Bielefeld herausgefunden.
Leben Heuschrecken wie dieser männliche Nachtigall-Grashüpfer an vielbefahrenen Straßen, ändern sie ihr Zirpen, damit die Weibchen sie trotz des Lärms hören. Das haben Wissenschaftler um die Evolutionsbiologin Ulrike Lampe von der Universität Bielefeld herausgefunden.
Tiere nutzen akustische Kommunikation aus unterschiedlichen Gründen: um ihr Territorium zu behaupten, vor Angreifern zu warnen oder um Artgenossen zu finden. Studien haben zudem belegt, dass Vögel, Wale und Frösche ihr Zwitschern, Singen und Quaken in lauten Umgebungen verändern. Dass von Menschen verursachter Lärm aber auch die akustischen Signale von Insekten beeinflusst, war bislang unbekannt.

Männliche Heuschrecken zirpen, um eine Partnerin zu finden. Dafür reiben sie mit ihrem rauen Hinterbein über eine hervorstehende Ader ihres Flügels. Für ihre Studie haben Ulrike Lampe und ihre Bielefelder Kolleginnen und Kollegen 188 männliche Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) eingefangen – eine Hälfte aus ruhigen Gegenden, die andere aus der Umgebung vielbefahrener Straßen. Im Labor haben die Wissenschaftler den „Gesang“ beider Gruppen untersucht. Dafür haben sie zu den Heuschreckenmännchen ein Weibchen gesellt, um sie zum Zirpen zu ermuntern, und ihre Balzgesänge aufgezeichnet. Die Analysen der fast 1.000 Aufnahmen haben gezeigt: Heuschrecken, die an lauten Straßen leben, zirpen anders als solche aus ruhigen Gegenden. „Nachtigall-Grashüpfer erzeugen einen Gesang, der sowohl mittlere als auch hohe Frequenzen umfasst. Wir haben herausgefunden, dass Heuschrecken aus lärmbelasteten Lebensräumen die mittleren Frequenzen ihres Gesangs nach oben verschieben – was sinnvoll ist, weil eine vielbefahrene Straße ihre Signale in diesem Frequenzbereich ansonsten leichter überdecken kann“, sagt Ulrike Lampe.

Nachtigall-Grashüpfer
Nachtigall-Grashüpfer
Die Forschungsergebnisse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind wichtig, da der Verkehrslärm das Paarungsverhalten der Heuschrecken durcheinanderbringen könnte. „Ein höherer Lärmpegel könnte das Balzverhalten der Heuschrecken auf verschiedene Weise beeinflussen. Er könnte Weibchen daran hindern, den Gesang der Männchen richtig zu hören und Männchen ihrer eigenen Art zu erkennen oder ihre Fähigkeit beeinträchtigen, anhand des Gesangs auf die Attraktivität des Männchens zu schließen“, erklärt Lampe.

Nachdem die Forscher festgestellt haben, dass von Menschen gemachter Lärm die Kommunikation von Insekten beeinflusst, wollen sie nun herausfinden, wie er das macht – und ob die Heuschrecken sich im Larvenzustand an den Lärm adaptieren oder die Männchen aufgrund genetischer Veränderungen anders zirpen.

Der Nachtigall-Grashüpfer ist eine häufig vorkommende Heuschreckenart in Zentraleuropa. Ausgewachsene Tiere treten hauptsächlich zwischen Juli und September auf und bevorzugen trockene Wiesen. Sie sind zwischen 1,5 und 2 Zentimeter groß und ihre Färbung reicht von grün und braun bis zu rot und violett. Der Balzgesang der Männchen besteht aus Versen von zwei bis drei Sekunden, die zum Ende hin lauter werden. Der Beginn eines Verses zeichnet sich durch ein zunächst langsames, dann schneller und lauter werdendes tickendes Geräusch aus, das gegen Ende der Phrase zu einem Schwirren wird. Ein solches „Liebeslied“ umfasst in der Regel zwei bis sechs Verse.

Originalveröffentlichung:
Ulrike Lampe, Tim Schmoll, Alexandra Franzke and Klaus Reinhold (2012). 'Staying tuned: grasshoppers from noisy roadside habitats produce courtship signals with elevated frequency components', doi: 10.1111/1365-2435.12000.

Kontakt:
Ulrike Lampe, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie / Evolutionsbiologie
Telefon: 0521 106-2827
E-Mail: ulrike.lampe@uni-bielefeld.de

Weitere Informationen im Internet:
www.uni-bielefeld.de/biologie/Evolutionsbiologie/09-lampe.html

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